Neue „Rote Liste“: Gefährdungslage deutscher Buchenwälder ist prekär

Hutewald -  Foto: Ralf Kubosch, copyright N. Panek
Hutewald - Foto: Ralf Kubosch, copyright N. Panek

Gefährdungslage deutscher Buchenwälder ist prekär

 

Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Korbacher Landschaftsplaners und Buchenwald-Experten Norbert Panek. Die Untersuchung bezieht sich auf Daten des „Alternativen Waldzustandsberichts“ der Lübecker Naturwald-Akademie, die im Frühjahr 2018 veröffentlicht wurde. Dabei wurden die in Deutschland vorkommenden Buchenwald-Typen näher untersucht, deren Gefährdungsgrade neu bewertet und in einer „Roten Liste“ zusammengefasst.

 

Deutschland liegt bekanntlich im Zentrum des Weltverbreitungsareals der Europäischen Rotbuche (lat. Fagus sylvatica). Von Natur aus wären knapp 70 Prozent der Landfläche Deutschlands von Buchenwäldern bedeckt. Tatsächlich sind Buchenbestände heute nur noch auf rund acht Prozent ihres ursprünglich angenommenen Verbreitungsareals zu finden. Je nach Buchenwald-Typ liegen die historisch bedingten Arealverluste zwischen 50 und 90 Prozent. Etwa 70 Prozent des Restareals sind in den letzten 200 Jahren systematisch in Nadelholzplantagen umgewandelt worden.

 

Bei den vorhandenen Buchenbeständen in Deutschland handelt es sich daher größtenteils nur noch um stark dezimierte und fragmentierte Relikt-Vorkommen. Erschreckend“ sind laut Untersuchung auch die ermittelten Anteile der Alt- und Starkbäume (= Bäume mit Stammdurchmessern ab 65 cm) in den Forstbeständen, die noch eine den natürlichen Buchenwäldern entsprechende Baumartenzusammensetzung aufweisen. Im Schnitt liegen die Altbaum-Anteile bei unter 20 Prozent und die Anteile dicker Bäume bei unter fünf Prozent.

 

Aus den ausgewerteten Daten lässt sich ableiten, dass fast alle der in Deutschland vorkommenden, natürlichen Buchenwald-Typen im Bestand überwiegend als „stark gefährdet“ eingestuft werden müssen. Zwei der in Deutschland verbreiteten Buchenwald-Typen, der Drahtschmielen- und der Seggen-Buchenwald, sind nach Einschätzung der Studie „von vollständiger Vernichtung bedroht“, wenn nicht umgehend entsprechende Schutzmaßnahmen eingeleitet werden. Hinzu kommt der derzeit völlig unzureichende Schutz von Buchenwäldern. Nach Angaben des „Alternativen Waldzustandsberichts“ umfasst die Fläche der in Schutzgebieten „außerbetrieblich“ gesicherten, naturnahen Buchenbestände lediglich etwa 35.400 Hektar (= 0,3 Prozent der bundesdeutschen Waldfläche!).

 

Zusätzlich sind Buchenwälder verstärkt durch den fortschreitenden Klimawandel gefährdet. Dies sei nach Auffassung des Autors aber nicht ausschließlich auf eine „geringe Klimatoleranz der Buche“ zurückzuführen, denn die heimische Buche gelte als genetisch sehr variable, d. h. anpassungsfähige Baumart, die unter gewissen Bedingungen auch mit Trockenstress klar kommen kann.

 

Die jetzt beklagten Dürreschäden an den Buchen dürften in erster Linie das Ergebnis einer falschen Forstbewirtschaftung sein, die zu stark aufgelichteten Schirmschlag-Beständen führt. Zu fordern wäre daher ein Verbot des Großschirmschlags in Buchenwäldern, vor allem in Schutzgebieten, eine Erhöhung der Totholz-Anteile, eine sofortige Abkehr von der Nadelholz-Wirtschaft sowie die umgehende Einführung von Schutzprogrammen auf Bundesebene.

 

>Die vollständige Untersuchung „Alternative Rote Liste Buchenwälder“ ist als kostenloser Download unter http://www.naturundtext.de/cms/media/uploads/8/ROTE_LISTE_22042020.pdf abrufbar.

 

 

Literaturhinweis:

 

Welle, T., Sturm, K. & Bohr, Y. (2018): Alternativer Waldzustandsbericht – Eine waldökosystemtypen-basierte Analyse des Waldzustands in Deutschland anhand naturschutzfahlicher Kriterien, Hrsg. Naturwald Akademie Lübeck (https://naturwald-akademie.org/wp-content/uploads/2018/04/Alternativer_Waldzustandsbericht_Stand_25042018_1.pdf).

 

 

 

 

 

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