Das Märchen vom „guten Holzverbrauch“ und dem Raubbau an den Urwäldern

 

von Claudia Blank

 

 

 

Es waren einmal ein König, dessen Reich inmitten von wunderschönen üppigen Wäldern lag. Er hatte viele pflichtbewusste Waldarbeiter, die für ihn Holz fällen sollten, um die Vorratsspeicher stets gut gefüllt zu halten. Seine Untertanen sollten sich damit reichlichst eindecken, Feuer machen und Häuser bauen, um im Gegenzug des Königs Schatzkiste zu füllen. Da der König aber habgierig war und nicht genug bekam, versorgte er auch noch über die Landesgrenze hinaus die Menschen aus fernen Ländern mit dem Holz seiner Wälder, denen dieses ausgegangen war, damit sie wieder mit hölzernen Stäbchen ihre Nahrung zu sich nehmen und Schiffe und Häuser bauen konnten.

 

So kam es, dass die Schatzkiste des Königs immer voller und voller wurde. Da wurde der König noch gieriger und befahl seinen Förstern, noch viel mehr Holz aus seinen Wäldern zu holen und schickte Boten aus, die im ganzen Land dazu aufriefen, dass alle Untertanen immer größere und höhere Holzhäuser bauen und noch mehr Holz verbrauchen sollten. Daraufhin eilten die getreuen Lakain in vorauseilendem Gehorsam in die Wälder und fällten und fällten und fällten ohne Unterbrechung das ganze Jahr über und hörten nicht mehr auf. Kaum war ein Baum wieder etwas nachgewachsen, wurde er sofort abgeholzt, sodass der Wald bald ganz licht und dünn wurde.

 

Da kam ein altes Mütterchen daher, welches Reisig sammelte und fragte: "Warum nur holt ihr immer mehr Holz aus dem Wald? Bald gibt es hier keine dicken alten Bäume mehr und ihr stört die Tiere und Vögel des Waldes?" Auch hier wussten die gehorsamen Holzfäller Rat: "Unser König befiehlt es aber! Wenn wir unseren Wald nicht richtig rannehmen und soviel wie möglich herausholen, dann sind wir schuld, wenn andere Könige in fernen Ländern ihre Wälder ausplündern müssen und es dort bald keine Wälder mehr gibt." Das weise Mütterlein entgegnete: "Bedenkt wohl: Wenn wir unseren Wald übernutzen, dann haben wir bald selber keinen mehr. Sollten wir die Bäume nicht erst richtig wachsen und groß werden lassen und sollten nicht die Leute Holz sparsam verwenden, damit es für alle noch lange reicht? Seht her; ich verwende nur soviel, wie ich mit meinen Armen heimtragen kann. Ihr aber holt jeden Tag mehr und lasst die Bäume gar nicht mehr richtig wachsen." Darauf die Königsgetreuen ungehalten: "Weib, was verstehst du schon davon, wie man ein Land regiert! Außerdem brauchen die Leute immer mehr Holz, deshalb müssen wir immer mehr ernten!" Darauf das Hutzelweiblein: "Solltet ihr nicht wenigstens einen kleinen Teil des Waldes unberührt lassen, damit alte Bäume natürlich wachsen und sterben und die Waldbewohner wenigstens dort in Ruhe leben können?" Nun hatten die Diener des Königs endgültig genug: "Mach dich des Weges, du Unwissende! Wir wissen schließlich was wir hier tun: alles ist ordnungsgemäß - so steht es im Gesetz des Königs. Wenn wir hier nicht herausholen, was herauszuholen ist, bist du schuld, wenn die Wälder woanders in der Welt verschwinden!" Da verschwand plötzlich die Alte wie von Geisteshand vor den Augen der königlichen Handlanger.

 

Noch in dieser Nacht aber legte sich ein Fluch über des Königs Wälder; sie wurden grau und verloren ihre Widerstandskraft und Schönheit. Käferplagen, die glühende Sonne und Stürme gaben ihnen den Rest und es legte sich eine tiefe Trauer über das Königreich. Der König hatte nun zwar seine Schatzkammern gefüllt bis oben hin, aber es gab keinen gesunden Wald mehr, keine Tiere und Blumen mehr darin, die Bäche trockneten aus, das Holz wurde knapp und eine große Armut und Hungernot brach über das Land herein, da sich die Menschen von den Tieren und Früchten des Waldes ernährt hatten. Da erst merkte der König, dass er mit seiner unersättlichen Gier etwas unwiederbringlich zerstört hatte und wieviel Freude und Nutzen er doch an seinen Wäldern gehabt hatte.

 

Seine Untertanen aber liebten ihren König nicht länger und stießen ihn vom Thron. Voller Gram lief er fortan einsam in der Welt umher. Die Menschen aber besannen sich und pflanzten bald schon neue Wälder, verwendeten das Holz stets sparsam und dankbar als ein kostbares Gut und freuten sich an den Schätzen der Natur, die der Wald ihnen reichlich schenkte.

 

Und wenn der Wald nicht gerodet und schändlich behandelt wurde, dann steht er noch heute.

 

 

 

 

 

Unser Märchen zeigt überdeutlich, wie die Forsten und zuständigen Ministerien ihre Argumentation, hohe Einschläge in unseren Wäldern durchführen zu müssen, begründen. Wir lassen uns hier nicht blenden und irreführen. Der Weg in eine Zukunft mit immer mehr Menschen und immer höherem Verbrauch kann nicht zur Zerstörung und Ausholzung unserer überlebenswichtiger Wälder führen - alle Ressourcen dieser Erde, und dazu gehören alle Wälder auf allen Kontinenten,  müssen sparsam genutzt und für die Folgegenerationen und die Artenvielfalt erhalten werden!

 

Eine fundierte und ausführliche Sammlung von Gegenargumenten zum klassischen "Totschlag-Argument" der Forst-und Holzlobby „Wenn man die hiesigen Wälder nicht mit der deutschen nachhaltigen Forstwirtschaft nutzt, dann werden stattdessen andernorts Urwälder zerstört“

 findet sich auf der Webseite von Silvia Roelcke www.waldproblematik.de

 

Unter der Rubrik "Forst-und Holzmärchen", erfahren Sie die Fakten zu diesem gängigen Förstermärchen, zu dem auch die Umweltverbände in einem offenen Brief Stellung bezogen haben:

 

waldproblematik.de/forst-und-holzmaerchen/#forstmärchen2urwaldzerstörung

 

und bei Peter Wohlleben als Video unter

 

www.facebook.com/PeterWohlleben.Autor/videos/370492017079646/