NRW: Der Eifelwald – im Spannungsfeld zwischen Holznutzung und Ausbau der Windenergie

 

Ein ausführlicher Bürgerbericht, der zeigt, wie intensiv sich Menschen vor Ort mit ihren Wäldern beschäftigen und die Schutzgedanken reflektieren. Zugleich das bittere Ergebnis einer "pflegenden" Forstwirtschaft vor Ort. In den Regionalzeitungen wird solchen Beiträgen im Gegensatz zu Försterberichten nur äußerst selten Raum gegeben. Es dominiert die holzwirtschaftlich orientierte Berichterstattung. 

 

Die nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt sieht eine natürliche Waldentwicklung auf 5% der Waldfläche vor. Dies ist nicht erreicht worden, bisher wurden in NRW nur 1% der landesweiten Waldfläche aus der Nutzung genommen. Hinzu kommen in NRW noch 1% bisher rechtlich nicht geschützte Wildnis - Entwicklungsgebiete im Staatswald gelegen (Biodiversitätsstrategie NRW 2015, S.34). Staatswald gibt es im Kreisgebiet Euskirchen allerdings nicht mehr, der Staatsforst wurde 2009 in der Regierungszeit von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers an private Waldbesitzer verkauft, ein damals sehr umstrittenes Geschäft. Im Kreisgebiet sind außer dem Nationalpark nur drei kleine Naturwaldzellen von insgesamt ca. 53 ha Größe und einige wenige Waldbereiche in Naturschutzgebieten aus der Nutzung genommen worden. Der hiesige Wald ist Privat- und Kommunalwald. In den Naturschutzgebieten läuft, wie vielfach üblich, die forstliche Nutzung weiter.

 

Der Eifelwald im Kreis Euskirchen erstreckt sich zwischen Belgien und dem Ahrgebirge. Hier sollen Schlaglichter auf den westlichsten Teil zwischen Belgien und der B 258 geworfen werden. Der Wald grenzt an den Nationalpark Eifel und soll diesen ergänzen und im Biotopverbund verknüpfen, denn der Nationalpark ist für viele bedrohte Arten zu klein. Kann der Eifelwald diese Aufgabe erfüllen? Wird NRW seiner Verantwortung für die Hainsimsenbuchenwälder gerecht?

 

Die Beschreibungen der Naturschutzgebiete und des Biotopkatasters werden exemplarisch mit der aktuellen Lage verglichen, wie sie sich dem forstwirtschaftlichen Laien aber interessierten Bürger darstellt. Genaue Ortsbezeichnungen fehlen zumeist aus Artenschutzgründen, aber auch, weil nicht einzelne Forstbetriebe an den Pranger gestellt werden sollen, sondern politische Entscheidungen. Ein Fokus liegt auf der Habitateignung dieser Wälder für den Schwarzstorch (Ciconia nigra).

 

 

Der Schwarzsstorch / Ciconia Nigra

 

Dieser streng geschützte, recht anspruchsvolle und scheue Waldbewohner adelt einen Wald durch seine Anwesenheit. Sein wichtigster Habitatanspruch ist Ungestörtheit. Als Brutbaum bevorzugt er Altholz, da junge Bäume seine oft tonnenschweren Horste nicht tragen können. Bei der Baumart zeigt er eine gewisse Flexibilität, Eiche und Buche werden bevorzugt, stehen sie nicht zur Verfügung, werden auch Fichten und Kiefern genutzt, ja sogar Felsenbruten gibt es in entsprechenden Gebieten. Neben Ungestörtheit und Altholz benötigt er noch eine gewisse „Kopffreiheit“ über dem Horst, wenig Unterholz unter dem Horst, Einflugschneisen und Requisitenbäume und natürlich Nahrungshabitate, mit anderen Worten, er ist schon recht anspruchsvoll! Nachdem er in Deutschland Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts durch Bejagung fast ausgestorben war, stiegen die Zahlen wieder durch die Unterschutzstellung. So zogen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts auch in die Eifelwälder wieder Schwarzstörche ein. Aber viele der über dreißig Jahre alten Traditionshorste sind verschwunden oder verwaist. Eine hohe Fluktuation mit geringerer Reproduktionsrate lässt nichts Gutes erwarten. Genaue Bestandszahlen gibt es nicht, niemand hat den Schwarzstorch hier je umfassend kartiert, aber die Schätzungen gingen von ca. 5-8 Brutpaaren im Jahr 2015 auf ca. 3 Brutpaare im Jahr 2019 zurück. Das Gebiet könnte 10 Brutpaare beherbergen. Der Erhaltungszustand ist aktuell als schlecht einzustufen. Momentan laufen Bemühungen, seinen Bestand zu erfassen.

 

„Die Gefahrenlage hat sich verändert. Während früher die direkte Verfolgung in Deutschland maßgeblich zu seinem Rückgang beigetragen hat, sind heute eine ausgeprägte Waldwirtschaft und auch die zunehmende Industrialisierung unserer Wälder – Stichwort Windkraft – gefährliche und langfristig wirkende Faktoren geworden“ (Gröbel / Hormann 2015, 9).

 

Wenn wir ihn (und viele andere von Altholz abhängige Arten) nicht wieder verlieren wollen, bedarf es für den Wald als seinem Lebensraum besonderer Anstrengungen.

 

In gefährlicher Nähe: Schwarzstorch passiert beim Nahrungsflug Windkraftanlagen im Wald
In gefährlicher Nähe: Schwarzstorch passiert beim Nahrungsflug Windkraftanlagen im Wald

 

 

Konfliktwald: ein Fichtenforst am Nationalpark

 

Der hier angesprochene Wald ist ein reiner Fichtenforst. Anders als bei seinen Nachbarn im Nationalpark hat er bisher keinen Laubwald-Unterwuchs. Lukrativer erscheint es deshalb, Windräder hinein zu bauen. Die Bestrebungen dauern schon lange an. Die Gemeinde Hellenthal, der das Land nicht gehört und die bisher keinerlei finanziellen Nutzen durch die Windräder hatte, sträubt sich bislang, wird aber verklagt und muss, wie viele andere Gemeinden auch, nachbessern, um „Ewigkeitsfehler“ bei der Bauplanung auszumerzen.

 

Blick aus Belgien über die im Tal befindliche Grenze auf die fichtenbestandene Höhe (Winter 2019 / 2020)
Blick aus Belgien über die im Tal befindliche Grenze auf die fichtenbestandene Höhe (Winter 2019 / 2020)

So wird es wahrscheinlich hier zu Windkraftanlagen kommen und das in direkter Nachbarschaft zu den belgischen und den Nationalparkstörchen. Nicht kollisionsgefährdet sind übrigens nur die NRW-Störche laut Windkrafterlass, in anderen Bundesländern gelten sie als kollisionsgefährdet!

 

 

 

Quelle Tim online NRW2.0: Projektgebiet in der Nähe zum  Nationalpark

 

Die Zackenlinie ist die deutsch-belgische Grenze. Blau gekennzeichnet ist hier ein Teil des Nationalparks. Er wird bereits von vielen Windindustrieanlagen umstellt. Der rote Pfeil kennzeichnet eine 4,7 km lange windradfreie Lücke, die durch das neue Windindustriegebiet (erkennbar als rosa Feld) weiter verkleinert würde. Der gefahrenlose Flugverkehr sowohl der belgischen Störche nach Norden in das Nationalparkgebiet, als auch der Nationalparkstörche in die belgischen Nahrungsgebiete würde noch mehr eingeengt werden.

 

„Dem übermächtigen Wirtschaftlichkeitsdiskurs, in dem alles und jedes der Effizienz unterworfen wird, steht eine am Überleben des Planeten und seiner Bewohner orientierte Verantwortungsethik (Hans Jonas 1984) gegenüber. " (Janssen, Rhode, Hormann, 2004. S.8).

 

Auch der Nationalpark war seinerzeit umstritten. Viele Eifelgemeinden und Betriebe fühlen sich „abgehängt“ und möchten den „wirtschaftlichen Anschluss“ an Rest NRW „vorantreiben“ und insistieren, man hätte ihnen seinerzeit versprochen: „Der Nationalpark darf keine schädlichen Auswirkungen auf das Umfeld haben.“ Zu diesem altbekannten Spannungsfeld von Naturschutz und Wirtschaft kommt nun auch noch das Spannungsfeld von bewahrendem Naturschutz und „Klimarettung“, die für sich beansprucht, den Artenschutz zu beinhalten, Naturschutzgesetze aber tatsächlich in nie dagewesener Weise schleift.

 

 

Ein typischer Eifelwald

 

Das ca. 5 km2 großen Waldgebiet, hier rot umrandet, ist - wie für die Eifel typisch - fichtendominiert.

Lediglich die schwarz und grün umrandeten Flächen sind Laubwald. Die braunen Flächen mit schwarzem Rand sind junger Laubwald, teilweise noch mit einigen Überhältern. Die wenigen grünen Flächen mit hellgrünem Rand sind verbliebenes Laubaltholz, manchmal auch schon etwas ausgedünnt.