NRW: Der Eifelwald – im Spannungsfeld zwischen Holznutzung und Ausbau der Windenergie

 

Ein ausführlicher Bürgerbericht, der zeigt, wie intensiv sich Menschen vor Ort mit ihren Wäldern beschäftigen und die Schutzgedanken reflektieren. Zugleich das bittere Ergebnis einer "pflegenden" Forstwirtschaft vor Ort. In den Regionalzeitungen wird solchen Beiträgen im Gegensatz zu Försterberichten nur äußerst selten Raum gegeben. Es dominiert die holzwirtschaftlich orientierte Berichterstattung. 

 

Die nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt sieht eine natürliche Waldentwicklung auf 5% der Waldfläche vor. Dies ist nicht erreicht worden, bisher wurden in NRW nur 1% der landesweiten Waldfläche aus der Nutzung genommen. Hinzu kommen in NRW noch 1% bisher rechtlich nicht geschützte Wildnis - Entwicklungsgebiete im Staatswald gelegen (Biodiversitätsstrategie NRW 2015, S.34). Staatswald gibt es im Kreisgebiet Euskirchen allerdings nicht mehr, der Staatsforst wurde 2009 in der Regierungszeit von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers an private Waldbesitzer verkauft, ein damals sehr umstrittenes Geschäft. Im Kreisgebiet sind außer dem Nationalpark nur drei kleine Naturwaldzellen von insgesamt ca. 53 ha Größe und einige wenige Waldbereiche in Naturschutzgebieten aus der Nutzung genommen worden. Der hiesige Wald ist Privat- und Kommunalwald. In den Naturschutzgebieten läuft, wie vielfach üblich, die forstliche Nutzung weiter.

 

Der Eifelwald im Kreis Euskirchen erstreckt sich zwischen Belgien und dem Ahrgebirge. Hier sollen Schlaglichter auf den westlichsten Teil zwischen Belgien und der B 258 geworfen werden. Der Wald grenzt an den Nationalpark Eifel und soll diesen ergänzen und im Biotopverbund verknüpfen, denn der Nationalpark ist für viele bedrohte Arten zu klein. Kann der Eifelwald diese Aufgabe erfüllen? Wird NRW seiner Verantwortung für die Hainsimsenbuchenwälder gerecht?

 

Die Beschreibungen der Naturschutzgebiete und des Biotopkatasters werden exemplarisch mit der aktuellen Lage verglichen, wie sie sich dem forstwirtschaftlichen Laien aber interessierten Bürger darstellt. Genaue Ortsbezeichnungen fehlen zumeist aus Artenschutzgründen, aber auch, weil nicht einzelne Forstbetriebe an den Pranger gestellt werden sollen, sondern politische Entscheidungen. Ein Fokus liegt auf der Habitateignung dieser Wälder für den Schwarzstorch (Ciconia nigra).

 

 

Der Schwarzsstorch / Ciconia Nigra

 

Dieser streng geschützte, recht anspruchsvolle und scheue Waldbewohner adelt einen Wald durch seine Anwesenheit. Sein wichtigster Habitatanspruch ist Ungestörtheit. Als Brutbaum bevorzugt er Altholz, da junge Bäume seine oft tonnenschweren Horste nicht tragen können. Bei der Baumart zeigt er eine gewisse Flexibilität, Eiche und Buche werden bevorzugt, stehen sie nicht zur Verfügung, werden auch Fichten und Kiefern genutzt, ja sogar Felsenbruten gibt es in entsprechenden Gebieten. Neben Ungestörtheit und Altholz benötigt er noch eine gewisse „Kopffreiheit“ über dem Horst, wenig Unterholz unter dem Horst, Einflugschneisen und Requisitenbäume und natürlich Nahrungshabitate, mit anderen Worten, er ist schon recht anspruchsvoll! Nachdem er in Deutschland Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts durch Bejagung fast ausgestorben war, stiegen die Zahlen wieder durch die Unterschutzstellung. So zogen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts auch in die Eifelwälder wieder Schwarzstörche ein. Aber viele der über dreißig Jahre alten Traditionshorste sind verschwunden oder verwaist. Eine hohe Fluktuation mit geringerer Reproduktionsrate lässt nichts Gutes erwarten. Genaue Bestandszahlen gibt es nicht, niemand hat den Schwarzstorch hier je umfassend kartiert, aber die Schätzungen gingen von ca. 5-8 Brutpaaren im Jahr 2015 auf ca. 3 Brutpaare im Jahr 2019 zurück. Das Gebiet könnte 10 Brutpaare beherbergen. Der Erhaltungszustand ist aktuell als schlecht einzustufen. Momentan laufen Bemühungen, seinen Bestand zu erfassen.

 

„Die Gefahrenlage hat sich verändert. Während früher die direkte Verfolgung in Deutschland maßgeblich zu seinem Rückgang beigetragen hat, sind heute eine ausgeprägte Waldwirtschaft und auch die zunehmende Industrialisierung unserer Wälder – Stichwort Windkraft – gefährliche und langfristig wirkende Faktoren geworden“ (Gröbel / Hormann 2015, 9).

 

Wenn wir ihn (und viele andere von Altholz abhängige Arten) nicht wieder verlieren wollen, bedarf es für den Wald als seinem Lebensraum besonderer Anstrengungen.

 

In gefährlicher Nähe: Schwarzstorch passiert beim Nahrungsflug Windkraftanlagen im Wald
In gefährlicher Nähe: Schwarzstorch passiert beim Nahrungsflug Windkraftanlagen im Wald

 

 

Konfliktwald: ein Fichtenforst am Nationalpark

 

Der hier angesprochene Wald ist ein reiner Fichtenforst. Anders als bei seinen Nachbarn im Nationalpark hat er bisher keinen Laubwald-Unterwuchs. Lukrativer erscheint es deshalb, Windräder hinein zu bauen. Die Bestrebungen dauern schon lange an. Die Gemeinde Hellenthal, der das Land nicht gehört und die bisher keinerlei finanziellen Nutzen durch die Windräder hatte, sträubt sich bislang, wird aber verklagt und muss, wie viele andere Gemeinden auch, nachbessern, um „Ewigkeitsfehler“ bei der Bauplanung auszumerzen.

 

Blick aus Belgien über die im Tal befindliche Grenze auf die fichtenbestandene Höhe (Winter 2019 / 2020)
Blick aus Belgien über die im Tal befindliche Grenze auf die fichtenbestandene Höhe (Winter 2019 / 2020)

So wird es wahrscheinlich hier zu Windkraftanlagen kommen und das in direkter Nachbarschaft zu den belgischen und den Nationalparkstörchen. Nicht kollisionsgefährdet sind übrigens nur die NRW-Störche laut Windkrafterlass, in anderen Bundesländern gelten sie als kollisionsgefährdet!

 

 

 

Quelle Tim online NRW2.0: Projektgebiet in der Nähe zum  Nationalpark

 

Die Zackenlinie ist die deutsch-belgische Grenze. Blau gekennzeichnet ist hier ein Teil des Nationalparks. Er wird bereits von vielen Windindustrieanlagen umstellt. Der rote Pfeil kennzeichnet eine 4,7 km lange windradfreie Lücke, die durch das neue Windindustriegebiet (erkennbar als rosa Feld) weiter verkleinert würde. Der gefahrenlose Flugverkehr sowohl der belgischen Störche nach Norden in das Nationalparkgebiet, als auch der Nationalparkstörche in die belgischen Nahrungsgebiete würde noch mehr eingeengt werden.

 

„Dem übermächtigen Wirtschaftlichkeitsdiskurs, in dem alles und jedes der Effizienz unterworfen wird, steht eine am Überleben des Planeten und seiner Bewohner orientierte Verantwortungsethik (Hans Jonas 1984) gegenüber. " (Janssen, Rhode, Hormann, 2004. S.8).

 

Auch der Nationalpark war seinerzeit umstritten. Viele Eifelgemeinden und Betriebe fühlen sich „abgehängt“ und möchten den „wirtschaftlichen Anschluss“ an Rest NRW „vorantreiben“ und insistieren, man hätte ihnen seinerzeit versprochen: „Der Nationalpark darf keine schädlichen Auswirkungen auf das Umfeld haben.“ Zu diesem altbekannten Spannungsfeld von Naturschutz und Wirtschaft kommt nun auch noch das Spannungsfeld von bewahrendem Naturschutz und „Klimarettung“, die für sich beansprucht, den Artenschutz zu beinhalten, Naturschutzgesetze aber tatsächlich in nie dagewesener Weise schleift.

 

 

Ein typischer Eifelwald

 

Das ca. 5 km2 großen Waldgebiet, hier rot umrandet, ist - wie für die Eifel typisch - fichtendominiert.

Lediglich die schwarz und grün umrandeten Flächen sind Laubwald. Die braunen Flächen mit schwarzem Rand sind junger Laubwald, teilweise noch mit einigen Überhältern. Die wenigen grünen Flächen mit hellgrünem Rand sind verbliebenes Laubaltholz, manchmal auch schon etwas ausgedünnt.

 

 

 Quelle: Tim-online NRW 2.0 Opera Momentaufnahme: der nördliche Teil der Fläche

 

 

 

Typischer Jungwald mit wenigen sonnenexponierten Altbäumen nach Durchforstungsmaßnahmen
Typischer Jungwald mit wenigen sonnenexponierten Altbäumen nach Durchforstungsmaßnahmen

Obwohl nur noch wenig alter Laubwald vorhanden ist, rückte man ihm im Winter 2019 / 2020 dennoch wieder zu Leibe. Meist werden diese Bäume an Brennholzwerber verkauft, Anfang Mai ist fast alles schon zerkleinert und abtransportiert. Als Folge des Schirmschlags im Februar 2020 bleiben nur noch wenige starke Laubbäume (Überhälter) stehen.

Lediglich im Süden befindet sich noch eine große zusammenhängende Altholzfläche auch schon mit einer Jungholzschicht. Aber auch ihre Tage werden gezählt sein, denn bereits 2015 hatte man hier kräftig geerntet. Sollte auch dieser Wald, bevor die Bäume richtig alt werden, geerntet werden, wären für den Schwarzstorch die verbleibenden Areale noch zu jung und es gäbe wohl zu viel Unterholz und zu wenig Sichtschutz. Neuerdings werden Fichtenbestände mit Buchen unterpflanzt. Aber Arten, die alte Laubwälder benötigen, werden für Jahrzehnte sehr wenig Habitate vorfinden.

 

 

 Ziel verfehlt! Die Altholzbestände an der L110

 

- Altholzbestand BK 5504-0012 (65 ha)

 

Dieser Wald wurde bereits 1981 in das Biotopkataster aufgenommen. Es führt aus, hier läge der Lebensraumtyp „9110“ „Hainsimsenbuchenwald“ auf 56 ha (87% der Fläche) vor, für den Deutschland eine besondere Verantwortung trage. Seit 1981 wurde hier mehrfach kartiert, zuletzt 2011.

 

„Wichtigstes Naturschutzziel ist die Erhaltung der Buchenwälder im Gebiet. Darüber hinaus sollten sie möglichst extensiv bewirtschaftet werden (oder im Optimalfall aus der Bewirtschaftung entlassen werden). Dabei ist vor allem Alt- und Totholz durch Schonung geeigneter Bäume zu fördern.“

 Quelle: Naturschutzgebiete Karten NRW, Biotopkataster, Allgemeine Informationen

 

Maßnahmenvorschläge sind: „NSG-Ausweisung / vertragliche Regelung, kein Kahlschlag, Erhaltung der Laubholzbestockung, Altholz erhalten, Dynamisches Altholzkonzept, Naturnahe Waldbewirtschaftung, Umwandlung in bodenständigen Gehölzbestand“

Quelle: Naturschutzgebiete Karten NRW, Biotopkataster, Allgemeine Informationen

 

 

BK-5504-0012 an der L110 (Quelle: Naturschutzgebiete Karten NRW, InkedOpera Momentaufnahme)

 

 

2020 muss man konstatieren: Das Schutzziel wurde verfehlt! Weder wurden diese Altholzbereiche als Naturschutzgebiete ausgewiesen, noch unter Vertragsnaturschutz genommen. Im Gegenteil, zu Beginn der Jahrtausendwende erntete man einen Bergrücken ab (blau markiert), auf dem inzwischen wieder Jungwald wächst.

 

20.05.2020: der jetzige Jungwald (ehemals alter Wald im Biotopkataster)  im oben blau markierten Bereich
20.05.2020: der jetzige Jungwald (ehemals alter Wald im Biotopkataster) im oben blau markierten Bereich

 

Immer wieder wurde auch in anderen Bereichen Altholz entnommen, es schwindet stetig. Zurück bleiben aufgelichtete Wälder, die starken Lichteinfall und Erwärmung des Waldklimas bringen und damit ihre Widerstandskraft in Dürrejahren schmälern.

 

 

Auch andere Hainsimsenbuchenwälder, die laut Biotopkataster als schützenswert eingestuft wurden,

werden hier selbst nach den Dürrejahren im Holzeinschlag  2020 nicht geschont, denn die Empfehlungen sind leider rechtlich nicht bindend. Der Schutzgedanke wird damit ad absurdum geführt. Kartierungen also, die letztlich in der Forstwirtschaft niemanden interessiert. Die Holzwirtschaft steht im Vordergrund, nicht die Biodiversität der Flächen.

 

Einschlag Februar 2020
Einschlag Februar 2020

Kann man Holz als energetischen Rohstoff noch als "nachhaltig" bezeichnen? Wo wird es deutlicher als im Wald, dass wir mehr als eine Erde verbrauchen? Dürfen wir unsere Hainsimsenbuchenwälder in den unsicheren Zeiten des Klimawandels und Artensterbens überhaupt noch verheizen?

 

 

Ein Schlafzimmer ohne Wände

 

Zuerst wurde dieses weitere Waldbeispiel für das Biotopkataster (BK 5505-0076) 1988 bis 2011 kartiert. Man stufte die Fläche als schutzwürdig ein, da sie Biotoptypen der gesetzlich geschützten Biotope enthält. Der Bestand wurde schon als stark aufgelichtet beschrieben, mit lokal zweiter Baumschicht und starker Buchen–Naturverjüngung. Maßnahmenvorschläge waren seinerzeit Erhaltung der Laubholzbestockung, Altholz erhalten, naturnahe Waldbewirtschaftung oder Aufgabe der Bewirtschaftung. All das wurde nicht umgesetzt, im Gegenteil, in den letzten Jahren wurde extrem viel Holz aus diesem Bereich geerntet. Im Sommer 2019 schließlich war kaum noch Altholz vorhanden.

 

Die Biotopkatasterfläche westlich der L 110 (Quelle: Naturschutzgebiete Karten NRW)

 

 

Besonders hervorzuheben ist, dass unter anderem in dieses gebeutelte Waldgebiet der Gutachter eines Windkraftprojektes einen Schwarzstorchkunsthorst im Rahmen eines „Artenhilfsprojektes“ bauen lassen will, um die Nachteile durch den Bau von fünf Windindustrieanlagen wettzumachen.

 

Für den Schwarzstorch wäre dies wie ein Schlafzimmer ohne Wände!

 

Aber kein Unfug in Artenschutzgutachten ist zu dumm, um nicht als Alibi für die Genehmigungen herzuhalten. Die Genehmigung wurde erteilt, mit dem Artenhilfsprojekt als Nebenbestimmung.

Doch es kommt noch schlimmer. Die Klagen gegen schlechte Artenschutzgutachten wurden der Windkraftbranche zu hinderlich, ihre aggressive Lobbyarbeit will und wird es wohl schaffen, dass der Windenergie im Naturschutzgesetz Priorität gegenüber dem Artenschutz eingeräumt wird. Erneut soll das NSG geschliffen werden. Klagen sollen erschwert werden. Das wird dann dem geneigten Bürger als „naturverträglicher Windkraftausbau“ verkauft.

 

Ein typischer Mittelgebirgsbach

 

Der Bach entspringt auf 590 m Höhe mit mehreren kleinen und zwei größeren Quellarmen und fließt nach 2,5 km in ein größeres Flüsschen. Wie bei vielen Eifelbächen steht der engere Bachbereich unter Naturschutz mit der Besonderheit, dass auch Waldgebiete dazugehören, die unter Naturschutz stehen. Um hier den Schwarzstorch nicht aus den Augen zu verlieren: Das gesamte Gebiet gehört zu seinem Schwerpunktvorkommen. Es liegen zwei Hinweise aus der jüngsten Vergangenheit vor. Ein Artenschutzgutachten zu Windkraftprojekten verweist auf einen Horst im Quellgebiet des Baches. Bezeichnenderweise befand er sich auf dem schwachen Seitenast einer nur mittelalten Buche und  solche Horste stürzen manchmal ab. Aus der Bevölkerung kam ein Hinweis auf einen anderen Schwarzstorchhorst. Bei einer Begehung im Winter 2017/18 wurden dort bereits starke Auslichtungen und kein Horst mehr vorgefunden, mittlerweile präsentiert sich der Waldbereich optisch als Kahlschlagsfläche. Hier kann der Schwarzstorch - wenn überhaupt - erst in mehr als 100 Jahren wieder Horste bauen.

 

 

Faktischer Kahlschlag

 

Eine weitere Waldfläche  grenzt an ein NSG und wurde teilweise (blau eingekreist) derartig abgeerntet, dass eine kahlschlagartige Fläche entstanden ist. Sämtliches Altholz wurde entfernt. Sicherlich hat man forstrechtlich keinen Kahlschlag vorgenommen, indem man stufig vorgegangen ist, aber faktisch ist es einer. Maßnahmenvorschläge des Biotopkatasters waren u.a.: „Kein Kahlschlag, Altholz erhalten, dynamisches Altholzkonzept, naturnahe Waldbewirtschaftung“. Das Ergebnis des forstwirtschaftlichen

Umgangs mit der Fläche spricht aber eine andere Sprache, als die der Biodiversität.

 

Was im blauen Kreis wie Wald aussieht, ist bei genauerem Hinsehen nur Jungwuchs! (Quelle: Opera Momentaufnahme_2020-06-01_142316_nsg.naturschutzinformationen.nrw.de)

 

Faktische Kahlschlagsfläche im Winter 2020

 

 

Ein Wald, der gut tut!

 

Licht am Horizont der Waldwirtschaft? Positiv ist der geringe Holzeinschlag in einer kleinen Altholzinsel mit größtenteils geschlossenem Kronendach inmitten von Fichtenbeständen und Buschland. Sie ist ein schönes Erlebnis! Kennzeichnend für den Bestand ist  das hohe Alter der Gehölze und der Bestand an Totholz. Ein Zustand, der zugunsten der Biodiversität im Wald erhalten werden muss.

 

 

Starkholz, Totholz, Mikrohabitate, die Bilder sprechen für sich. Das Schutzziel „Erhaltung des naturnahen, altholzreichen Laubwaldbestandes innerhalb ausgedehnter Fichtenmonokulturen“ (Quelle: Naturschutzgebiete Karten NRW) muss unbedingt weiterverfolgt werden! Es bleibt zu hoffen, dass hier nicht ebenso verfahren wird, wie auf obiger „Kahlschlagsfläche“. Damit rechnen muss man offensichtlich aber jederzeit.

 

 

Energiewald versus Artenschutz

 

Durch die bereits installierten Windindustrieanlagen werden in Deutschland jährlich ca. 500.000 Vögel und ca. 300.000 Fledermäuse getötet (Stand 2019 bei 30.000 Anlagen, die Dunkelziffer liegt vermutlich höher). Dies erfolgt zusätzlich zu den anderen anthropogen verursachten Todesraten. Der Bau von WKAs In den forstlich stark genutzten schmalen Streifen des Eifelwaldes wird das Artensterben dort forcieren, denn es wird nicht nur in Nadelholzplantagen gebaut. Immer sind hier auch benachbarter Laubwald und seine Bewohner betroffen und es sind noch viele weitere Anlagen geplant. Auf den Stellflächen entsteht im Sommer ein trockenes heißes Mikroklima.  Die Klimaschutzfunktion des Waldes wird hier systematisch in großem Stil geschwächt.

 

Ein aufwändiges Wildkatzengutachten mit begleitendem Monitoring wurde vom Betreiber in Auftrag gegeben, gleichzeitig wurden die Rekultivierungsflächen mit Knotengeflechtzaun eingezäunt, in Wildkatzengebieten ein absolutes „no go“. Wildkatzen verfangen sich darin mit ihren Krallen. Bei 10 Anlagen in nur einem Windpark kommen etliche Meter Knotengeflechtzaun zusammen. Waren die Wildkatzenschutzbestrebungen des Betreibers nur Makulatur?

Zu Knotengeflecht und Wildkatze: chromeextension://mhjfbmdgcfjbbpaeojofohoefgiehjai/index.html

 

Wäre ein intakter, alter Buchenwald oder Mischwald nicht ein viel sinnvollerer Klimaschutz? Der Boden auf der Stellfläche hat aufgrund der Verdichtung auch nicht mehr die wasserspeichernden Eigenschaften eines guten Waldbodens, das Wasser kann also nur teilweise versickern.

 

 

Wasserhaushalt

 

Die Wälder der Hocheifel wären ein besserer Ort für Hochwasserschutz als Dämme an den großen Flüssen. Dem entgegen stehen aber zahllose Entwässerungsgräben, die den Fichtenforst, aber auch Laub- und Laubmischwälder durchziehen. Das Wasser wird darin schnell abgeführt und steht bei Trockenheit dem Wald nicht mehr zur Verfügung.

 

 

Waldpakt NRW

 

Am 10.12.2019 wurde in NRW ein Waldpakt zwischen Landesregierung, Umwelt- und Heimatministerium und etlichen Forstverbänden sowie dem NABU geschmiedet. Absichtserklärungen zu standortangepassten Mischwäldern, Förderung der Biodiversität oder Schalenwildregulierung bleiben sehr vage:

„Veränderungen in den Wäldern erfordern Zeit (Landesregierung NRW 2019, 5) „Wünschenswert sind das Vorhandensein von Biotopbäumen und die Entwicklung naturnaher Lebensräume“ . (Landesregierung NRW 2019, 4)

 

Konkreter sind die Absichtserklärungen zur Förderung des Forstes bei Schadholzbeseitigung, Wegeinstandsetzung und Förderung der Wiederaufforstung.

 

Der dritte Schwerpunkt des Paktes ist die Förderung von Holz als Beitrag zur Energiewende durch effiziente energetische Nutzung. Holz als Baustoff soll ebenfalls gefördert werden. Eine Baumprämie soll eingerichtet werden:

„Diese Leistungen der Forstwirtschaft für Klimaschutz und Daseinsvorsorge sollte auch über eine Baumprämie honoriert werden“ (Landesregierung NRW 2019, 6).

 

Führt diese Honorierung dann endlich zu älteren Beständen? Oder ist dieser Waldpakt in Wirklichkeit ein Pakt zugunsten der Holzwirtschaft und Forstwirtschaft? Wo bleibt die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie NRW mit dem 5% Ziel? Der Naturschutz hat enormen Rückhalt in der Bevölkerung, das geht aus der Naturbewußtseinsstudie 2013 hervor. Den meisten Menschen gefällt Natur umso besser, je wilder sie ist, ergab diese Studie. Warum wird dies so wenig berücksichtigt?

 

 

 Fazit

 

Der Eifelwald im Kreis Euskirchen besteht zum großen Teil aus Fichte, deren ältere Bestände stark gefährdet sind (nicht durch den Klimawandel, sondern durch die für die damalige Zeit verständliche, aber dennoch langfristig falsche Baumartenwahl). Der Laubwald ist jung, besteht nur noch zum geringen Teil aus Altholzbeständen, diese sind zum großen Teil durch Schirmschlag ausgelichtet, die exponierten Überhälter werden krank. Man beginnt, Fichtenwald in Laubwald umzuwandeln.

 

Während 2019 die Borkenkäferplage und das „Waldsterben 2.0“ im Fokus der Öffentlichkeit standen, verlief die Nutzung der Laubaltholzgebiete im Winter 2019/20 unbemerkt und unvermindert weiter. Medial thematisiert wird vor allem die Trockenheit im April/Mai 2020 und die dadurch erhöhte Waldbrandgefahr, aber nicht die extremen Einschläge. Was den Waldnaturschutz angeht, muss man leider ein totales Versagen der Biodiversitätsstrategie konstatieren.

 

Der Erhaltungszustand der Buchenwälder in NRW sei laut FFH Bericht 2013 im Bergland insgesamt günstig, so die Biodiversitätsstrategie NRW vom 08. Januar 2015 (vgl.MKULNV 2015, 42). Die hier gezeigten Beispiele belegen das nicht. Immerhin gibt man zu, dass Arten der Reife und Totholzphase fehlen. Hier müssten endlich ausreichend Flächen im Altbestand gesichert werden.

 

Der Waldpakt, der 2019 in NRW geschlossen wurde unterstützt eher die Holz- und Forstwirtschaft als den Waldnaturschutz, eine „Baumprämie“ soll richten, was im Grunde nur ein sofortiger Verzicht der Ernte älterer Bäume bewirken würde. Verschärfend wirkt sich für die Biodiversität im Wald der Bau von Windindustrieanlagen aus.

 

Und schließlich: Greenwashing soll die Akzeptanz für den Windkraftausbau erhöhen, der heimliche Verlust vieler selten gewordener Waldbewohner  aber macht den Widerstand gegen einen "Energiewald" unverzichtbar.

 

Literatur:

 

Bundesamt für Naturschutz, 2013: Naturbewußtsein

http://www.bfn.de/themen/geellschaft/naturbewußtsein.html

 

Gröbel, B.-T. / Hormann, M (2015): Geheimnisvoller Schwarzstorch. Faszinierende Einblicke in das Leben eines scheuen Vogels. Wiebelsheim

 

Jansen, G./ Hormann, M / Rohde, C. (2013): Der Schwarzstorch. Magdeburg

 

Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Klimaschutz für den Wald- unser Wald für den Klimaschutz. Düsseldorf, 10. Dezember 2019

https://www.wald-und-holz.nrw.de/aktuelle-meldungen/landesregierung-und-verbaende-beschliessen-waldpakt-nrw

 

Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) Düsseldorf, 08.Jan.2015: Biodiversitätsstrategie NRW https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/Broschueren/biodiversitaetsstrategie_nrw_broschuere.pdf

 

Naturschutzgebiete NRW

http://nsg.naturschutzinformationen.nrw.de/nsg/de/karten/nsg