Waldzustandsbericht RLP 2020: "Unser Wald ist sichtbares Opfer der Klimakrise"?

Buchenwaldbewirtschaftung in RLP 2019 - der Biotopbaum ist "freigestellt" - Freifahrtschein für Sonnenbrand
Buchenwaldbewirtschaftung in RLP 2019 - der Biotopbaum ist "freigestellt" - Freifahrtschein für Sonnenbrand

 

Leider verschweigt das Umwelt- und Forstministerium in RLP in seiner Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2020  wie fast immer in der öffentlichen Berichterstattung, dass gerade die Methode der Buchenwaldbewirtschaftung (Schirmschlag), die alle Buchen jenseits der 80 Jahre konsequent nutzt und damit riesige Freiflächen in den normalerweise dämmrigen und feuchten Buchenwäldern schafft, seit Jahrzehnten Trockenheit in diese Wälder bringt und damit die massiven Schäden an der Buche durch Austrocknung der Böden verstärkt. Die Verdichtung der Waldböden - die im Naturzustand wie Schwämme fungieren - durch die Bewirtschaftung mit Schwermaschinen ist hinlänglich bekannt. Dennnoch zeichnet sich keine Veränderung in der Art der Bewirtschaftung ab.

 

Buchenwälder sind dunkle Wälder, keine lichten Parkanlagen! Die massive Auflichtung dieser Wälder zwecks rascher Naturverjüngung (Holzwirtschaft hat keine Zeit) und schnellerer Ernte (Profit der Holzwirtschaft) führt zu einer Zerstörung des Ökosystems Buchenwald. Die hohen Einschläge in die Buchenwälder werden kaum thematisiert. Zwar gilt für das Jahr 2020 ein Einschlagstopp in alte Buchenwälder, die Frage ist aber, für wie lange? Denn schon regt sich Widerstand in den Forstämtern, die erst kürzlich geschlossene Lieferverträge bedienen müssen. Die Inhalte dieser Verträge unterliegen bei Nachfragen auch im Staatswald - ein Allgemeingut der Bürger - angeblich dem Betriebsgeheimnis. Man fragt sich mit Recht, warum der Bürger von seinen eigenen Geschäften nichts wissen darf oder soll?

 

Aktuell noch "Gute fachliche Praxis" in der Bewirtschaftung der Buchenwälder in RLP: Schirmschlag und starke Auflichtung  2018/19, selbst nach 2 Dürrejahren. Lieferverträge stehen offensichtlich im Vordergrund. Im Klimawandel ist hier Umdenken gefragt.
Aktuell noch "Gute fachliche Praxis" in der Bewirtschaftung der Buchenwälder in RLP: Schirmschlag und starke Auflichtung 2018/19, selbst nach 2 Dürrejahren. Lieferverträge stehen offensichtlich im Vordergrund. Im Klimawandel ist hier Umdenken gefragt.

Kein Wunder also, dass in RLPs Wäldern, die natürlicherweise fast durchgängig Buchenwälder wären, die Licht und Wärme liebende Eiche besser davon kommt. Freigestellte Buchen hingegen reagieren auf starken Sonnenlichteinfall wie wir Menschen mit Sonnenbrand - die glatte dünne Buchenrinde ist nicht für das einfallende Licht geschaffen. Sie platzt auf und der Baum stirbt ab. Schon von daher macht es überhaupt keinen Sinn, Altbäume als Biotopbäume zu kennzeichnen und sie gleichzeitig frei zu stellen - was im Übrigen selten geschieht, da alte Bäume nur noch selten vorhanden sind und die jugendlichen Baumgenerationen mangels Höhlen und Totholz kein Paradies für die Artenvielfalt mehr sind. Wohl gemerkt - liegen gebliebenes Ernteholz bringt zwar Nährstoffe in den Wald, hat aber mit vielen bedeutenden Funktionen von "echtem" Totholz nichts zu tun.

 

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Buchen haben eine sonnenlichtempfindliche "Haut", eine dünne Rinde, die das Wasser von der Krone zu den Wurzeln leitet, aber auf Hitze mit Platzen reagiert.
Buchen haben eine sonnenlichtempfindliche "Haut", eine dünne Rinde, die das Wasser von der Krone zu den Wurzeln leitet, aber auf Hitze mit Platzen reagiert.

 

Laubwälder tragen massiv zu Speisung der Grundwasservorräte und zur Kühlung der Landschaft bei, sie sind - noch -  unersetzliche Mitstreiter im Klimawandel. Denn am Ende wird alles am Wasser hängen. Ohne (Grund-) Wasser wächst kein einziger Baum und auch keine Frucht auf den Feldern draußen. Am Wasser geht eben kein Weg vorbei und damit auch nicht an der Forderung, bestehende Waldökosysteme wie den Buchenwald so schonend wie nur möglich zu bewirtschaften.  Zumal es um viel Geld in der Waldrettung geht - gerade naturnah bewirtschaftete Wälder verjüngen sich effektiv und von ganz alleine kostenlos über ihre Pionierbäume, denen ein stabiler Sekundärwald folgt. Die einzige Forderung: Zeit. Die kostet natürlich Geld. Aber hier muss man sich eben entscheiden, was in der jetzigen Situation wichtiger ist. 

 

Es wäre wirklich gerade in den Ministerien an der Zeit, Menschen dieses wichtige und zukunftsweisende Grundverständnis von natürlich vorkommenden Waldsystemen näher zu bringen, damit sie verstehen, was der intensive Waldschutz für Klima, Trinkwasserversorgung, Artenvielfalt und viele andere ökologische Zusammenhänge und Lebensgrundlagen wirklich bedeutet: Holz als ein extrem wertvolles Material zu begreifen, das nur als Restholz in einer Verwertungskette verbrannt und schon gar nicht für Zellulose in Wegwerfmassenprodukten verschleudert werden darf.

 

Wald ist auch kein Energieerzeuger, denn die Begehrlichkeiten an dem angeblichen nachwachsenden Rohstoff greifen in Zeiten sterbender Wälder zu kurz. Nachhaltigkeit bedeutet sicher nicht, für die Energiegewinnung mit Hitze und Wassermangel zu bezahlen. Spätestens hier kann man auch die unsinnige Behauptung widerlegen, die Ausholzung unserer Laubwaldbestände trüge zum weltweiten Schutz der Wälder bei. Das sieht in Realität, wie jeder halbwegs Informierte weiß, ganz anders aus. Ein Blick etwa in die gefährdeten Buchen-Urwaldgebiete der Karpaten, die Regenwälder wie die ebenso bedeutsamen und gleichermaßen gefährdeten borrealen Waldregionen des Nordens genügen. Sie können dem Bürger aktuell die Freude am Weihnachtsbaum vollends verderben. Denn abgeholzt wird hier legal und illegal, was das Zeug hält. Ohne Rücksicht auf klimatische Verluste.

 

An diesem Wegrand im Pfälzerwald stand eine der wenigen alten Buchen.
An diesem Wegrand im Pfälzerwald stand eine der wenigen alten Buchen.

 

Wald hat sicher "multifunktionale" Aufgaben, aber seine Ressourcen sind wie die aller Ökosysteme begrenzt und deshalb wertvoll. Es gäbe genügend Möglichkeiten, der Ausbeutung entgegen zu wirken. Etwa die Produktion und Nutzung von 100 % Recyclingpapier, das mittlerweile alle Bedürfnisse - auch die hochwertiger Papiere - erfüllen kann. Sie wird weder ausreichend diskutiert, noch als besonders wichtige Maßnahme für die Bevölkerung und die Unternehmen (Verpackungsindustrie) propagiert. Dabei liegen gerade hier wie im gesamten Konsumbereich wichtige Schaltstellen, an denen wirklich jeder Bürger - sofern interessiert - ganz bewusst etwas für den Schutz der Wälder nicht nur bei uns, sondern weltweit beitragen kann. Doch die Informationen dazu sind auf politischer Seite spärlich und lieblos, ohne echten Aufforderungscharakter.

 

Wir brauchen die Wälder nicht in erster Linie für unseren ausufernden Konsum, sondern vor allem für die Wasserspeicherung und Kühlung der ausgeräumten und überhitzten Agrarlandschaft und im Umfeld der Städte. Aber das zu begreifen, scheint noch ein weiter Weg.

 

Unsere Umwelt- und Forstministerien sollten doch bitte endlich im Hinblick auf die Sicherung der Lebensgrundlagen dieses zweischneidige Schwert der (Über-) Nutzung der Wälder endlich ehrlich und konsequent vermitteln. Es ist müßig, hier alte indianische Sprichwörter zu bemühen. Es reicht doch die Aussage: Der Wald stirbt.

Stattdessen versucht man immer noch, die Fehler einer althergebrachten und auch scheinbar lange funktionierenden Holzwirtschaft als wissenschaftlich fundiert und im Waldsterben als nebensächlich darzustellen. Ständig werden neue Theorien aufgelegt, die die intensive Waldbewirtschaftung als Garanten in der Klimakrise bewerben. Wenn das so wäre, sähen unsere Wälder aktuell anders aus. Weniger befahren, weniger zerpflückt und schon gar nicht zu Stängellandschaften ausgedünnt.

 

Und es geht abschließend in einer mündigen und gebildeten Gsellschaft nicht darum, Schuldige auszumachen (die alten Lehrmethoden folgen), sondern aus Fehlern zu lernen. Neue Erkenntnisse und ihre Umsetzung in der Waldbewirtschaftung dienen einer besseren Zukunft aller - inklusive der Unternehmen, die Holz verarbeiten -  nicht mehr und nicht weniger.

Buchen- und Eicheneinschlag in RLP nach 2 Dürrejahren. Warum pflanzen, wenn massiv im Laubholz geerntet wird? Obwohl der Markt von Nadelholz überschwemmt ist? Export- und Brennholz statt engagiertem Klimaschutz im Staatswald?
Buchen- und Eicheneinschlag in RLP nach 2 Dürrejahren. Warum pflanzen, wenn massiv im Laubholz geerntet wird? Obwohl der Markt von Nadelholz überschwemmt ist? Export- und Brennholz statt engagiertem Klimaschutz im Staatswald?