Bayern: DB plant Rodung im Lorenzer Reichswald

 

Die Deutsche Bahn raubt den Bürgern die Luft zum Atmen! Warum immer wieder Flächenverbrauch in klimaschützenden Wäldern? Der Widerstand der Bürger wächst mit Hilfe einer Petition.

 

Der Reichswald um Nürnberg ist ein im Nord-und Südosten Nürnbergs gelegenes Kulturwaldgebiet in Bayern. Dieses sehr wertvolle und artenreiche Waldgebiet, bestehend aus dem Sebalder und dem Lorenzer Reichswald, wurde bereits 1980 als erster Wald Bayerns zum Bannwald erklärt. Darüber hinaus wurde 2006 der Nürnberger Reichswald als Europäisches Vogelschutzgebiet (Special Protection Area, SPA) ausgewiesen und ist damit ein wichtiger Bestandteil des Netzwerkes Natura 2000.

 

Genau in diesem national und international mehrfach geschützten Waldgebiet des Lorenzer Reichswaldes soll nun auf einer Fläche von ca. 46 ha ein Instandsetzungswerk der Deutschen Bahn errichtet werden.

 

Nordöstlich von Nürnberg zwischen Altenfurt und Fischbach bzw. der bestehenden Bahnlinie Nürnberg-Regensburg und der B4/ Regensburger Straße, plant die Deutsche Bundesbahn zusammen mit der Stadt Nürnberg ein Instandhaltungswerk für ICE- Züge. Auf einer Betriebsfläche von 460.000 Quadratmetern und einer Länge von 5,5 Kilometern stellt dieses Projekt einen der größten Waldeingriffe der letzten Jahrzehnte im Nürnberger Reichswald dar. Das Herzstück ist eine 450 Meter lange und 12 Meter hohe Werkshalle mit sechs Gleisen und angrenzenden Lager-, Sozial – und Verwaltungsgebäuden parallel zu der in unmittelbarer Nähe liegenden Wohnbebauung. Ab dem Jahr 2028 sollen dort täglich bis zu 25 ICE4-Züge gewartet und instandgesetzt werden. Dies bedeutet mehr als 105 Tonnen verbauten Beton und eine zusätzliche Flächenversiegelung im ohnehin hochwassergefährdeten Nürnberger Südosten.

 

Zu dem durch EU-Recht geschützten Waldgebiet des Lorenzer Reichswald gehört auch das Landschaftsschutzgebiet Langwasser. Sowohl der Lorenzer Reichswald als auch das Landschaftsschutzgebiet Langwasser beheimaten eine große Anzahl an bedrohten Tieren und Pflanzen einschließlich seltener Orchideen, wie dem gefleckten Knabenkraut.

 

 

Gerade für eine Stadt wie Nürnberg, deren Innenstadt nahezu „Baum-frei“ ist und die über keine ausreichende Anzahl an Parks und Grünanlagen verfügt, ist eine komplette Abholzung, d.h. Rodung, dieser unter dem Schutzstatus „Bannwald“ stehenden „grünen Lunge“ absolut unverantwortlich. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: „Welchen Wert hat der Schutzstatus „Bannwald“, wenn dieser bei jeder sich bietenden Gelegenheit ignoriert werden kann? Eine zeit- und ortsnah zwingend notwendige Ersatzaufforstung als Kompensation für diese 460 000 Quadratmeter große Kahlschlagfläche ist unter Berücksichtigung der gegebenen Randbedingungen unseres Erachtens völlig unrealistisch. Das betroffene Gebiet ist zudem ein enorm wichtiger „Klimawald“, über den nicht nur die angrenzenden Stadtteile Altenfurt und Fischbach gerade in den heißen Sommermonaten mit kühler, sauerstoffreicher Luft versorgt werden. Darüber hinaus ist es für die betroffenen Bürger unzumutbar auf ihr nahegelegenes Naherholungsgebiet zu verzichten.

 

 

 

Die Belastung der betroffenen Anwohner nimmt durch das geplante Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn erheblich zu. So erfolgt die Reinigung, Wartung und Instandhaltung der ICE4-Züge rund um die Uhr mit einem Schwerpunkt der Tätigkeiten (60%) in der Nacht zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh. Die Lärmbelastung geht dabei insbesondere von den sogenannten Makrofontests (Hupe) auf freier Strecke aus (der Schalldruckpegel: 125 dB (A) ist insbesondere in der Nacht in 2 km Entfernung noch deutlich hörbar), außerdem von wartenden Zügen mit laufenden Motoren und Klimaanlagen, die auf den Abstellgleisen außerhalb der Wartungshalle stehen. Die Lichtverschmutzung erfolgt durch 6 bzw. 12m hohe Lichtmasten, die auch nachts für eine taghelle Ausleuchtung des Geländes sorgen. Diese Lichtverschmutzung belastet nicht nur den Menschen, sondern auch Vögel, Insekten und dämmerungs- und nachtaktive Tiere wie Fledermäuse.

 

Das betroffene Gebiet wird von einem sehr engmaschigen Netz an Straßen und Autobahnen umschlossen. Eine komplette Rodung dieser 460 000 Quadratmeter verursacht eine komplette Zerstörung des aktuell vorhandenen und unter EU-Recht stehenden Schutzgebietes einschließlich der darin befindlichen Artenvielfalt. Die gerade in Trockenzeiten enorm wichtige Grundwasserbildung im Wald wird durch die Rodung und Flächenversiegelung komplett verhindert.

 

Ein kritischer Blick auf die Umweltbilanz zeigt zudem, dass der gerodete Wald mit einer gigantischen Fläche von 460 000 Quadratmetern keinerlei CO2- mindernde Wirkung mehr hat. Das bedeutet, dass beispielsweise die vom nahegelegenen Verkehr erzeugten Luftschadstoffe wie Kohlendioxide, Stickoxide, Staub, etc., die bisher vom Wald (Photosynthese, Filterwirkung) kompensiert und damit deutlich reduziert wurden, nun weiterhin in der stadtnahen Luft verbleiben und sich dort konzentrieren.

 

Mittlerweile hat sich ein erheblicher lokaler Widerstand der betroffenen Bürger (www.buergervereinsuedost.de) formiert, die der Überzeugung sind, dass es für das geplante ICE-Ausbesserungswerk der Deutschen Bundesbahn wesentlich geeignetere Flächen gibt. Das alles scheint die verantwortlichen Politiker aber nicht zu interessieren. Denn wie kann es sonst sein, dass der mehrfach geschützte Bannwald als Bürgerwald permanent für die Erschließung neuer Industrie- und Gewerbegebiete im Fokus steht.

 

 

Abschließend muss deshalb noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es derzeit noch viele weitere Begehrlichkeiten gibt, die aktuell noch vorhandene Gesamtfläche des mehrfach geschützten Nürnberger Reichswaldes erheblich zu reduzieren, darunter der Bau des Autobahnkreuzes und des Overflys Nürnberg-Fischbach, die geplante P53-Höchstspannungsstromtrasse mit einem Waldverlust des Nürnberger Reichswaldes von ca. 210.000 Quadratmetern.

 

Bitte unterstützen Sie deshalb die aktuelle Petition gegen die Rodung des Nürnberger Reichswaldes!

 

https://www.change.org/p/ob-markus-könig-stoppt-die-rodung-des-nürnberger-reichswaldes

 

Herbert Fahrnbauer im Februar 2021