Ein Kommentar zur Pressemitteilung des DHWR: "Einsparziele im Klimaschutzgesetz bedrohen nachhaltigen Waldumbau und Versorgungsicherheit mit nachwachsenden Rohstoffen"
Sehr geehrte Damen und Herren vom DHWR,
Ihre Pressemitteilung ist ein Lehrstück in verbogener Lobby-Logik und Desinformation! Man versucht angestrengt das argumentative Durcheinander im Hauptabsatz Ihrer PM zu verstehen. Versuchen wir die Sätze im Einzelnen zu begreifen:
1. Zitat: „Die Waldökosysteme sind durch den Klimawandel und durch die zunehmenden Waldschäden bedroht.“
Damit ist höchstwahrscheinlich eine große Mehrheit aller Waldschützer in Deutschland mit Ihnen noch weitgehend d’accord. Zu dem „aber“ kommen wir dann gleich noch.
2. Zitat: „Steffen Rathke, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrat e.V. (DHWR), warnt eindringlich davor, dem Wald und der Landbevölkerung durch überzogene Zielvorgaben die alleinige CO2-Senken-Aufgabe aufzubürden.“
Schon hier reibt sich auch der wohlwollende Leser die Augen: „die alleinige CO2 – Senken-Aufgabe“? Wer in Deutschland fordert diese „dem Wald und der Landbevölkerung aufzubürden“?? Und um welche Bürde soll es sich dabei handeln?
a. Die schwere Bürde fehlender Kahl- und Schirmschläge??
b. Die schwere Bürde fehlender gigantischer „Erntefahrzeuge“, die einen Wald in einen Holzacker verwandeln??
c. Die schwere Bürde der „Flächenstilllegung“ (des Waldes)??
Oder meinen Sie nicht den Wald, der diese „Bürde“ tragen muss, sondern die Waldwirtschaft, die um Ihre Profite bangt? – Analog gefragt: Tragen Schweine eine Bürde, wenn man sie nicht mehr zu Wurst verarbeitet? Oder sind es die Metzger und Bauern, die die Tiere und das Fleisch nicht verkaufen?
Dass sich der DHWR als Synonym für „Wald“ versteht, scheint zu erhärten was viele vermuten mögen: Große Teile der deutschen Forstwirtschaft haben einen natürlichen „unberührten“ (eine deutsche Lieblingsvokabel!) Wald noch nie gesehen.
3. Zitat: „Das formulierte Senkenziel verkennt absolut die Realität und ist mit heißer Nadel gestrickt.“
Bereits 15 Jahre vor diesem „Senkenziel“ hat sich die Bundesregierung das Ziel auferlegt in Deutschland mindestens 5% „Naturwälder“ zu schaffen, bzw. auszuweisen. Dieses Ziel verfehlt der Bund immer noch um fast die Hälfte. Vermutlich hält der DHWR auch von diesem Ziel nichts. „Die Realität“ ist: Das Musterland Deutschland hat so gut wie gar keine natürlichen Wälder, von Wildnis ganz zu schweigen. Ein Schwellenland wie Costa Rica dagegen schafft es, 30% seiner Natur in einen Naturzustand (zurück-)zu versetzen.
4. Zitat: „Nur durch die aktive Waldbewirtschaftung und eine forcierte Holzverwendung sichern wir das Ökosystem und die maximale CO2-Bindung des Sektors.“
Man traut seinen Augen nicht: Nur durch die Fällung von Bäumen und die brachiale „Ernte“ mit gigantischen Holzharvestern „sichern wir das Ökosystem“ (Wald)? Was man so „Ökosystem“ nennt… Die "forcierte Holzverwendung" will hingegen nicht so recht klappen. Es wird wild drauflos „geerntet“, doch die Holzstapel verfaulen jahrelang neben den Kahlschlägen. Viele werden niemals verwendet, sondern tun auf vergessenen Stapeln das, was sie ohnehin getan hätten: verrotten! – nur dass lebende oder stehende tote Bäume (stehendes Totholz) einem nachwachsenden jungen Wald den Schutz hätten bieten könnten, den sie im Klimawandel dringend brauchen.
5. Zitat: „Es dürfe aber nicht sein, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum durch eine verfehlte Energiepolitik die Lasten der anderen Sektoren trägt und nun durch die Hintertür unverhältnismäßig belastet werden soll. Es konterkariere zudem das Ziel, durch mehr Holzbau zusätzliche Einsparpotentiale im Industrie- und Gebäudesektor zu realisieren.“
Es ist in unserem Land mittlerweile Volkssport sich als Opfer der anderen „Sektoren“ zu gerieren, die logischerweise alles falsch machen weil unser „Sektor“ ja alles richtig macht.
Richtig ist aber, dass wir ALLE Verantwortung für unsere GEMEINSAMEN Verfehlungen übernehmen müssen. Und das gilt auch für die Holzwirtschaft. Dabei geht es nicht allein um Energie und CO2 , sondern vor allem auch um Artenschutz und Artenvielfalt. Dass in der gegenwärtigen Hysterie nun auch erwogen wird, das viele sinnlos „geerntete“ Holz zu verbrennen, um etwas für den Klimaschutz zu tun, zeigt dabei nur, in welch fortgeschrittenem geistigen Verfall sich viele Entscheidungsträger in diesem Land befinden. Das Verbrennen von Holz als „klimaneutral“ oder gar „umweltfreundlich“ ist ein seit langem entlarvter Mythos, über den wir auch Sie mit dem folgenden Link gerne aufklären: https://www.rheinpfalz.de/wirtschaft_artikel,-energieerzeugung-forscher-gegen-verbrennen-von-holz-_arid,5167595.html
Es ist eine Schande für unser Land, dass wir nicht in der Lage sind, auch nur 5 Prozent unserer Landschaften in einem natürlichen, „wilden“ oder „unberührten“ Zustand zu erhalten, um uns und unseren Nachfahren immer wieder anschaulich machen zu können, was unseren Altvorderen bis in das 9. Jahrhundert noch buchstäblich „heilig“ war. Dafür können wir nicht allein eine relativ hohe Bevölkerungsdichte verantwortlich machen. Es sind vielmehr Anspruchsdenken, „Exportweltmeister“-Dünkel und die pure Gier, die uns unsere (Baum-)Wurzeln vergessen lässt. So weit vergessen, dass vermutlich 95% der Deutschen gar nicht wissen, was ein natürlicher urwüchsiger wilder und unberührter Wald überhaupt ist. Wir sind ein Volk geworden das nichts mehr in Ruhe lassen kann und alles „forciert“ „verwerten“ muss und damit vieles entwertet – z.B. den Wald.
Mit freundlichen Grüßen,
Frank Möller
Netzwerk-Baum und Naturschutz