Propagandakeule gegen Kritiker der Windkraft im Wald

©S.von Winterfeld
©S.von Winterfeld

 

Der allgemeine Aktionismus zum Thema Energiewende und speziell zum Ausbau der Windkraft an Land treibt inzwischen seltsame Blüten. Natürlich müssen wir raus aus der fossilen Energie, keine Frage, aber es gibt Stimmen, die sich einer kritischen Auseinandersetzung mit der Windenergie, insbesondere im Wald, vollkommen verschließen.

 

Kurz vor der Bundestagswahl werden Vorträge zum sogenannten „Argumenttraining“ pro Windkraft angeboten, die dabei helfen sollen, Positionen gegen Windkraft in Wäldern als "Propaganda von rechts“ abzukanzeln, der angeblich dann ja auch der gesamte Naturschutzbereich verfallen sein soll. Es wird gleichzeitig die Behauptung aufgestellt, dass Windenergieanlagen in ehemaligen Fichtenforsten eine Bereicherung für die Artenvielfalt darstellten und dass Windkraft an den meisten Waldstandorten keine negativen Auswirkungen auf den Klimaschutz (Wasserspeicher und Kühlung) oder die Populationen von Greifvögeln, Fledermäusen und Insekten habe. Vielmehr handele es sich bei den Waldschutzargumenten um einen politisch motivierten und aufgebauschten Konflikt um den Artenschutz, dem jegliche Grundlage fehle.

 

Das Bemerkenswerte an dieser Positionierung ist, dass es gerade hier nicht um sachliche Argumentation geht, sondern darum, Parteimitgliedern mittels „Argumenttraining“ beizubringen, Diskussionen zum Thema im Keim zu ersticken, indem man Waldschützern die angeblich rechts motivierte Propagandakeule der Windkraftgegner unterstellt. Da haben wir wieder das moralische, bzw. ideologische Diktat gegen den sachbezogenen Meinungsaustausch, letzterer ist aber gerade existenzieller Bestandteil unserer Demokratie. Dabei werden auch unbestrittene Forschungs- und Studienergebnisse ignoriert, die eben jene Problematik um den Verlust spezieller waldökologischer Schutzfunktionen neben dem allgemeinen Tier- und Naturschutz belegen.

 

Und weiterhin: dass ein ehemaliger Fichtenforst nach rechtlicher und ökologischer Definition immer noch "Wald" ist und auch die natürliche Fähigkeit besitzt, sich selbst nach der Räumung sämtlicher Bäume wieder dahin zu entwickeln, wird ebenfalls vollkommen ausgeklammert. Nach dem Motto, das sei sowieso kaputt, dann könne es jetzt auch so bleiben und Industriefläche werden. In Zeiten des sogenannten "Flächenfraßes" in einem dicht besiedelten Land ein seltsamer Standpunkt.

 

Nein! Wir brauchen Wald als Sauerstoffproduzent, als Wasserspeicher, für die Humusproduktion (CO2-Speicherung im Boden), als Erosionsschutz und als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, die in der insgesamt ausgeräumten Landschaft nur noch marginal Platz finden. Das Thema "Windkraft im Wald" ist längst nicht damit erledigt, dass festgestellt wird, ob und welche Folgen der Eingriff für Greifvögel, Fledermäuse und Insekten hat. Die elementaren Folgen einer weiteren Zerschneidung und Erhitzung von Waldflächen ist hier ein ganz anderes, unabdingbares  Thema im Klimawandel.

 

Im Übrigen sind zehn WEA im Wald populationsdynamisch vielleicht nicht besonders relevant, 1000 dann aber schon. Und erst recht in wertvollen Mischwäldern, wo wir leider inzwischen schon einige Windparks in Deutschland haben.

 

Wenn weiter argumentiert wird, WKA im Wald sorge ja dafür, dass der Wald nicht stirbt, dann ist das eine eindimensionale Argumentation, die alle anderen Klimaschutzfaktoren - vor allem die Gefährdung der Wasserversorgung und Kühlung einer überhitzten Landschaft -  bewusst ausklammert. Hier wäre es doch eher  einmal die Frage, ob die Menschheit sich nicht endlich auch mit Energiesparsamkeit auseinandersetzen muss, anstatt der luxuriösen Verschwendung von Ressourcen zu frönen. Dazu fallen in der Öffentlichkeit nur wenige Worte, weil es eben "Verzicht" bedeutet, den man sich  aus Angst vor Wählerverlusten politisch schon gar nicht auf die Fahnen schreiben möchte.

 

Die Waldökologie ist sehr komplex, das heißt, es gibt Wirkungszusammenhänge in diesem System, die man an der Hochschule studiert und zu der gerade jetzt unzählige Forschungsprojekte laufen. Vieles davon tritt erst aktuell in der Klimakrise in unser forschendes Bewusstsein. Ein Waldsystem ist so unglaublich komplex, dass es sich nicht in wenigen Sätzen erfassen und schon gar nicht durch menschliche Interessen geleitet steuern  lässt. Auch und gerade nicht von Menschen, die sich selbst ohne einen entsprechenden Hintergrund zum ökologisch versierten Waldexperten ernennen  und Waldschutzambitionen je nach Standpunkt zur Windkraft in Gut und Böse unterteilen.

 

Es ist deshalb kein guter Weg in dieser Klimakrise, wenn aus ökonomischen Interessen der Energieversorgung eine einzige Energieform zum Heilsbringer an allen erdenklichen Standorten erklärt wird, ohne eine sachbezogene Abwägung ALLER Vor- und Nachteile in den Mittelpunkt zu stellen. Besser wäre es, gerade in unsicheren Zeiten Vorsicht walten zu lassen.

 

Dafür steht der Waldschutz, denn zerstört und verkarstet ist schnell, Renaturierung  der Wälder aber bleibt eine wichtige und komplexe Herausforderung für die kommenden Generationen, die wir unter Hochdruck einleiten müssen. Die Klimakrise und die sterbenden Wälder dulden keinen Aufschub.