Zum TAG DER BUCHENWÄLDER 2023 am 25. Juni

Bürger kämpfen weiter für ihre Buchenwälder

 

Diese für Mitteleuropa typischen und durch die UNESCO in besonderen Schutzgebieten als Weltnaturerbe ausgewiesenen Wälder werden weiterhin im Rahmen "ordnungsgemäßer Forstwirtschaft"  massiv aufgelichtet und der Eindruck bestätigt sich leider allzu oft, dass die vielerorts in BÜrgerinitiativen konkret formulierten Forderungen zum  Schutz des Staats- und Kommunalwaldes ignoriert oder einfach ausgeblendet werden.

 

Nach den extremen Dürrejahren und deren drastischer Wiederholung 2022 ruft der diesjährige Tag der Buchenwälder in ganz besonderem Maße uns Bürger dazu auf, den Zustand der natürlichen Bewaldung - das sind in Deutschland die Buchenwälder -  in den Fokus zu stellen. Vor allem auch deshalb, weil sich allen wissenschaftlichen Warnungen zum Trotze die rein materiellen Interessen einer Holzlobby an den "multifunktionalen" Wald bislang nicht auf ein vernünftiges Maß begrenzen lassen.

 

Der durch viele Bürgerinitiativen verlautbarte Bürgerwille in Richtung offensiver Waldschutz  wird, interessengeleitet von der Holz produzierenden und verarbeitenden Industrie, meist als "fern aller Realtität in Sachen Holzbedarf" bewertet. An Entscheidungsprozessen werden BürgerInnen aus Waldschutzinitiativen  kaum und wenn, dann nur ungern beteiligt. Oder es werden im Nachgang an  medienwirksam etablierte "runde Tische"  die dort ausgehandelten Vorgehensweisen ignoriert oder unter andere Vorzeichen gesetzt, so dass die Ergebnisse zu Gunsten des Holzwirtschaft verwässert werden können. Vielfach werden hier auch unhaltbare Behauptungen aufgestellt, etwa dass nur der stark bewirtschaftete Wald klimaresistent sei - ein Hohn auf die Wälder als starke und autarke Ökosysteme, die sich in der Erdgeschichte ohne menschliches Zutun entwickelt, angepasst und stabilisiert haben.

 

Was hier oft einzig zählt ist der "Wald-Nutzgedanke", der in Zeiten des Klimawandels den viel wichtigeren "Wald-Verlustgedanken" mit fadenscheinigen Argumenten in den Hintergrund rückt. Dabei geht es beim Wald nicht um einen forstwirtschaftlichen "Versuchsacker", sondern um einen über Jahrtmillionen entstandenen Naturraum, der wie alle großen Systeme der Meere, Flüsse und Gebirge wichtige ökologische Funktionen erfüllt, die für das Funktionieren des Systems Erdklima und Wasserkreislauf unabdingbar sind. Ohne Wald kein Wasser, keine menschliche Existenz. Was nützen uns die Holzheizung und zahllose Zelluloseprodukte, wenn uns das Wasser ausgeht? Diese Frage wird nicht gestellt, obwohl sie statt Arbeitsplätzen mit Sicherheit Lebensqualität und global gesehen Überleben kostet.

 

Deshalb nehmen wir den diesjährigen Tag der Buchenwälder zum Anlass, aus den Aktivitäten der BBIWS in verschiedenen Bundesländern zu berichten und den dort formulierten Forderungen Nachdruck zu verleihen.

 

JA zum Buchenwald-Nationalpark in Bayern!

Die ältesten und ökologisch wertvollsten Buchenwälder in Bayern findet man heute nur noch im Steigerwald und im Spessart. Diese alten und naturnahen Buchenwälder zeichnen sich durch eine einzigartige biologische Artenvielfalt aus. Damit stehen sie beispielhaft für die letzten intakten, ausgedehnten und zusammenhängenden Buchenwälder in Bayern, deren Erhalt und nachhaltige

Regeneration gesichert werden muss. Dabei wird die Diskussion über einen 3. Bayerischen Nationalpark seit vielen Jahren sehr intensiv aber leider bisher ergebnislos geführt. Der Bürgerwille, immerhin sprechen sich mindestens 75% der lokalen Bevölkerung für einen Buchenwald-Nationalpark in dieser Region aus, wird von den politischen Verantwortlichen nach wie vor ignoriert.

 

 

Schutzziele stehen nicht im Vordergrund -

Bayerns letzte Buchenwälder

 

Die Rotbuche war ursprünglich die vorherrschende Baumart in Deutschland. Durch die Entwicklung der Zivilisation wurden die Buchenwälder aber mehr und mehr verdrängt und wachsen heute nur noch auf verschwindend kleinenzusammenhängenden Flächen.

Die ältesten und ökologisch wertvollsten Buchenwälder in Bayern findet man heute noch im Steigerwald und im Spessart. Genau dort sind Buchenwälder des gesamten Altersspektrums vorhanden, so wie man sie aus der Vergangenheit als ursprünglich am weitest verbreitete natürliche Waldgesellschaft Mitteleuropas kennt.

 

Der nördliche Steigerwald, der zu den ökologisch wertvollsten Buchenwäldern gehört, bietet die besten Voraussetzungen dafür, dass sich dort wieder ein wilder Naturwald entwickeln kann. Das „Herzstück“ bildet darin die 775 ha große Teilfläche „Hoher Buchener Wald“ mit ca. 7600 Starkbäumen. Die im nördlichen Steigerwald noch vorhandenen alten und naturnahen Buchenwälder mit einem hohen Alt- und Totholzanteil sind für die biologische Artenvielfalt enorm wichtig. Sie beheimaten viele verschiedene Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, wie beispielsweise den „Feuerroten Schleimpilz“. Auf einer einzigen alten Buche können zudem ca. 500 verschiedene Insektenarten leben.

Der Norden des bayerischen Spessarts zählt mit seinen über 400-jährigen Eichen und über 180-jährigen Buchen zu den ältesten und schönsten Wäldern Mitteleuropas. Dieser wertvolle Laubwald ist noch immer das Rückzugsgebiet und damit die Heimat für zahlreiche und oftmals bedrohte Pflanzen und Tiere.

Mit mehr als 320 verschiedenen und tatsächlich nachgewiesenen Käferarten, wie beispielsweise der vom Aussterben bedrohte Eremit, ist der Spessart ein „Hotspot“ der Artenvielfalt. Gerade das Alt- und Totholz bildet in ungenutzten Wäldern als wichtiger Bestandteil des natürlichen Stoffkreislaufes den

bedeutsamen Lebensraum für viele selten gewordene Tiere, wie Spechte, Eulen, Fledermäuse oder Hornissen.

Sowohl der Steigerwald als auch der Spessart stehen beispielhaft für die letzten in Bayern kaum noch vorhandenen ausgedehnten und zusammenhängenden Buchenwälder, deren Erhalt und nachhaltige Regeneration zwingend gesichert werden muss. Dazu wäre es aber erforderlich in Bayern einen dritten großflächigen Nationalpark zu errichten, in dem sich die Buchenwälder geschützt wieder zum Naturwald entwickeln können. Die Diskussion darüber wird bereits seit vielen Jahren geführt, leider ohne konkretes Ergebnis. Der Bürgerwille, der sich mit einem lokalen Stimmenanteil von mindestens 75% für einen Nationalpark ausspricht, wird von den politischen Verantwortlichen kontinuierlich ignoriert. Dabei zeigt sich gerade am Beispiel des Nationalparks Bayerischer Wald welch großartiges Erfolgsmodell ein Nationalpark sein kann.

 

Herbert Fahrnbauer für BBIWS Bayern

 

 

NEIN zu Brennholz aus heimischen Wäldern 

Brennholz ist keine Lösung für die Wärmekrise. Wie also reagieren auf den vielleicht anstehenden Wärmemangel? Brennholz ist sicher nicht die richtige Antwort auf den entstehenden Mangel. Einsparung des Konsums, Verzicht auf Komfort und der rasche Umstieg auf regenerierbare Wärmequellen sind die einzige  Alternative. Wälder sindviel zu schade zum Verheizen! 

 

 

Brennholz aus heimischen Wäldern 

Wälder viel zu schade zum Verheizen

 

Der Waldzustand ist dramatisch

Noch nie haben unsere Wälder so gelitten wie derzeit. Dürreperioden, sommerliche
Extremtemperaturen und damit verbunden ein struktureller Wassermangel der Wälder haben zu Absterbeprozessen und schweren Schädigungen des Ökosystems Wald geführt. Verschärft wird die dramatische Lage des Waldes durch einen enormen Druck auf die Rohstoffreserve Holz. Im Bereich der Wärmeenergie entsteht ein teilweise irrationaler Run auf Brennholz, obwohl sich die Preise binnen Jahresfrist etwa verdoppelt haben.  

 

Holzverbrennung vs. Waldgesundheit
Die Strategie zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Waldökosysteme muss eine Erhöhung des Holzvorrates, einschließlich des Totholzanteils und eine Dichthaltung der Waldbestände zur Folge haben. Nur bei Wiederherstellung des Waldinnenklimas kann der Wald seine Funktion als große Klimaanlage und als Kohlenstoffspeicher erfüllen. Die Anforderungen des Waldes und die Gier nach Rohstoffen, insbesondere nach Brennholz stehen sich wie zwei Boxer in der Ringecke gegenüber. Wir können unseren Wald nicht gesunden lassen und ihn gleichzeitig weiter als Rohstofflager strapazieren.

 

Holzverfeuerung ein Klimakiller
Die Verfeuerung von Holz ist nicht klimaneutral, wie es landläufig kommuniziert wird. Die Verfeuerung von Holz trägt deutlich zum Treibhauseffekt bei, unabhängig davon, ob die Verbrennung in Form von Waldbränden oder am heimischen Kamin erfolgt. Der über Jahrzehnte im Holz angesammelte Kohlenstoff wird mit einem Schlag als das Klimagas CO2 freigesetzt. Holz wächst nur an Holz, daher die von uns bestaunte Jahrringstruktur des Rohstoffes. Verheizen wir diesen Rohstoff, verliert der Wald auf viele Jahrzehnte seine Fähigkeit Kohlenstoff zu binden.  
In unseren Wäldern gibt es keinen Rohstoff Holz, der noch frei verfügbar wäre. Mittelfristig müssen wir uns von dieser archaischen Form der Holznutzung vollständig verabschieden. Dabei ist es unerheblich, ob die Verbrennung in kleinen Öfen oder in Biomasse-Heizkraftwerken erfolgt. Selbst das im Rahmen der Kalamitäten angefallene Holz wird dringend im Waldökosystem als Nährstoffreserve, als Startkapital für die nächste Waldgeneration und als Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten dringend benötigt. 

 

Die künstliche Verknappung des Rohstoffes
Der Brennholzboom der vergangenen Wochen zeigt einige Parallelen zur Toilettenpapierkrise.
Die vermeintliche Knappheit führt zu Hamsterkäufen, die das Produkt tatsächlich verteuern.
Eine kurzfristige Bereitstellung zur Befriedigung der hohen Nachfrage wäre weder möglich,
noch sinnvoll. Brennholz sollte mindestens 2 besser, 3 Jahre gelagert und getrocknet werden,
damit die Holzfeuchte unter 20 % absinkt. Wird es dennoch vorher verfeuert, steigen
Abgaswerte und das Holz verbrennt unter Freisetzung von Feinstaub und dem für den
Menschen gefährlichen Gas Kohlenmonoxid.  

 

Erhöhte Waldbrandgefahr durch Totholz?
Ja, es wird immer wieder vorgetragen, das Totschlagargument mit der Waldbrandgefahr. Daher noch ein kurzer Faktencheck zur Auffassung ein aufgeräumter Wald vermindert die Waldbrandgefahr. Es gibt in Mitteleuropa keine Waldbrände, sondern Forstbrände in Nadelwaldbeständen, in denen Baumharze und Terpene fast explosionsartig verbrennen, so immer wieder in den Trockengebieten von Brandenburg. Das absterbende Holz hat noch immer eine Holzfeuchte von 50 bis 60%, auch wenn es noch so trocken aussieht. In intakten Waldökosystemen Mitteleuropas wird die Ausbreitung eines Feuers vom Wald selbst verhindert (anders sieht die Gefahr in den Wäldern der Taiga oder der Mittelmeerregion aus). Das Aufräumen des abgestorbenen Holzes schwächt die Vitalität des Waldes und trägt nicht zu einer höheren Widerstandsfähigkeit gegen Waldbrände bei.  

 

Brennholz bspw. aus dem Stadtwald Speyer 
Ein großer Teil des Holzeinschlages aus dem Stadtwald wird verfeuert. Die Stadtwerke Speyer kaufen Brennholz zur Verfeuerung in Brennöfen in Quartiersheizungen. Nach den Ergebnissen des Forsteinrichtungswerkes ist der Speyerer Wald ohnehin sehr arm an Holzvorräten. Im Sinne einer Klimastrategie und nach den Anforderungen des Artenschutzes muss der Speyerer Wald älter und reicher an Holzvorräten werden. Dies erfordert einen deutlich reduzierten Einschlag gegenüber den bisherigen Hiebssätzen. Es stellt sich somit nicht die Frage, ob zusätzlich Brennholz aus den Waldbeständen bereitgestellt werden kann, sondern die Frage wie der Ausstieg aus der archaischen Nutzung von Holz beschleunigt werden kann. Übergangsweise ist die Bereitstellung aus dem Einschlag gebietsfremder Baumarten Robinie, Roteiche oder Götterbaum denkbar.  

 

Brennholz - keine Lösung für die Wärmekrise
Wie also reagieren auf den vielleicht anstehenden Wärmemangel? Brennholz ist sicher nicht die richtige Antwort auf den entstehenden Mangel. Einsparung des Konsums, Verzicht auf Komfort und der rasche Umstieg auf regenerierbare Wärmequellen sind die einzige Alternative. Wälder viel zu schade zum Verheizen! 

 

Waldwende Jetzt!
Volker Ziesling für die BBIWS RLP/BW

 

 

JA zu einem Einschlagsmoratorium für Buchenwälder

Wir fordern zum Schutz der Wälder für alle Waldformen ein Einschlagmoratorium in unsere Buchenwälder, um den durch Dürre und Klimawandel gestressten Wäldern eine Erholungspause zu verschaffen. Dazu brauchen wir endlich ökologisch ausgerichtete Waldgesetze auf Bundesebene und in allen Bundesländern.

 

Holzeinschlag im NSG Nottulner Berg (Nottuln/Kreis Coesfeld)
Holzeinschlag im NSG Nottulner Berg (Nottuln/Kreis Coesfeld)

 

Engagierter Waldschutz im Klimawandel unabdingbar

Wir fordern ein Einschlagsmoratorium für Buchenwälder

 

Es existiert ein eklatanter Widerspruch zwischen den Nachhaltigkeitsversprechen und der Realität försterlicher Praxis in NRW! Ausreichend Schutz gibt es für die Ökosysteme nicht einmal in Naturschutz- und FFH-Gebieten!

 

In NRW werden - auch die  Privatwälder - ausgeräumt. Dabei werden gesunde Buchenbestände nicht verschont. Das Vorgehen wird dann auch noch mit Klimaschutz gerechtfertigt. Besonders krasses Beispiel sind die Naturschutzgebiete im Münsterland (z.B. der Kirchenwald am Nottulner Berg und Baumberge). Immer der Holzvermarktung dienend erscheint dabei der amtliche Naturschutz und der Landesbetrieb "Wald und Holz NRW". Die Holzmesse LIGNA (2023) hat uns Bürgern wieder deutlich gezeigt, wie die Landesforstverwaltungen NRW und Niedersachsen sich dem Holzmarkt unterordnen und  sich als versierte Holzbeschaffer präsentieren (siehe https://klimazukunft-wald.de/waldpflege).

 

Unzureichende Klima- und Artenschutzpolitik überfordert nun bei gleichzeitig verstärkter Nutzung der Wälder ganze Ökosysteme (Reduzierung der Holzmassevorräte und Festhalten an undefinierter "guter fachlicher Praxis", die uns die Probleme erst beschert hat). Daher haben die BBIWS-Gruppen in NRW den folgenden Offenen Brief zu dringend notwendigen ökologisch ausgerichteten Waldgesetzen an die zuständigen Ministerien gesandt.



Grußworte der Waldschutzgruppen von der Grünen Artenschutzkonferenz Münsterland 2023 an die Bundesminister für Umwelt und Landwirtschaft (Auszug):

 

Sehr geehrte Frau Ministerin Lemke, sehr geehrter Herr Minister Özdemir,

 

die Wälder in Deutschland sind bedroht und könnten bald als Verbündete im Kampf gegen die Klimaerhitzung und das sich beschleunigende Artensterben ausfallen. Immer mehr noch halbwegs intakte Wald-Ökosysteme werden kahlgeschlagen und so stark übernutzt und heißgeschlagen, dass sie auch ihre "Ökosystemleistungen" (Kühlung, Wasserhaushalt, Bodenerhalt, Verdunstung und Kleinklimaregulation, Sauerstoffspender....) nicht mehr erfüllen.

 

Deutschland hat sich zur Erreichung der Klimaziele und zu den Artenschutz- und Biodiversitätszielen verpflichtet. Dazu brauchen wir jetzt rasch 30% der Landesfläche (auch Wald) unter strengem Schutz und das in zusammenhängenden Biotopverbünden. Da die Natur auch in sogenannten Schutzgebieten in Deutschland nicht den notwendigen Schutz erhält, reichen einfache Etikettierungen nicht aus. Das Vollzugsdefizit aus Art. 20a GG schreit nach politischer Gestaltung.

 

Daher fordern wir Sie dazu auf, jetzt zum Schutz der Wälder für alle Waldformen ein Einschlagmoratorium für alle etwas größeren und älteren Bäume durchzusetzen, die Verbrennung von Holz und die verstärkte Nutzung von Holz zu stoppen. Dazu brauchen wir jetzt rasch ökologisch ausgerichtete Waldgesetze auf Bundesebene und in allen Bundesländern (siehe: Waldziele der Ampelkoalition). Dabei muss die Absolutionsformel "gute fachliche Praxis", die nahezu alle schädlichen Forst-Praktiken legitimiert, abgeschafft oder ökologisch-faktenbasiert präzisiert werden.

Entsprechende Gesetzesentwürfe sollten zügig - unter Beteiligung der Bürgerinitiativen, der Wissenschaft und der Umweltverbände - in die Parlamente eingebracht werden. Die Petition "Mehr Artenvielfalt im öffentlichen Raum" muss zur Sicherung der Biodiversität dringend unterstützt werden!

 

Jürgen Kruse für die BBIWS NRW

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NEIN zum weiteren unkontrollierten Waldflächenverbrauch

Waldflächen sind wichtige Garanten in der Abmilderung der Klimawandelfolgen und im Artenschutz. Der ständige Flächenverbrauch ist zudem eine wachsende Belastung für die Wildtiere, die immer weniger und immer kleinteiligere Flächen zur Verfügung haben und die Folgen der Verinselung sowohl für den Wald, als auch für die Lebensgemeinschaften nicht absehbar sind. Hier muss dringend eine Regelgung her, die die Freigabe von Waldflächen zur Rodung, ganz gleich unter welchem Aspekt, massiv einschränkt. Dazu gehört nicht zuletzt auch der Flächenverbrauch durch die Rückegassen im Rahmen der industriellen Waldbewirtschaftung. 

 

 

Ausbau der B10 im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen
Ausbau der B10 im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen

 

Buchenwälder weichen für den Straßenausbau

Am Beispiel des Ausbaus der B10 -

Anfang vom Ende des Biosphärenreservats Pfälzer Wald?

 

Auch wenn der Status „Biosphärenreservat“ gerade erst durch die UNESCO um 10 Jahre verlängert wurde, ist dies möglicherweise der Anfang vom Ende des Biosphärenreservats Pfälzer Wald – Nordvogesen. Denn inzwischen ist ein Konzept erarbeitet worden, welches wahrscheinlich 3 weitere Hektar geräumte Fläche für einen Gewerbepark, Tankhof und ein Motel beansprucht. Für dieses Projekt wurden bislang 3 Investoren gewonnen.

 

Wenn ich mich richtig informiert habe erhoffen sich die Anwohner und die Politik in der Region entlang der B10, durch den Ausbau dieser eine Entlastung des Verkehrs und wirtschaftlichen Aufschwung in Form von Gewerbebetrieben, die dort ansässig werden sollen. Das wird, nach meiner Meinung, zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in Form von Windkraftanlagen führen.

 

Statt Entlastung wird, durch die Erweiterung der B10 auf 4 Spuren, die Verkehrsbelastung sehr stark zunehmen. LKW Fahrer die die B10 bisher gemieden haben, werden sich den Umweg über die bestehenden Autobahnen künftig sparen, um nach Karlsruhe und dem Rheinhafen Wörth zu kommen.

Eine umwelt- und klimafreundlichere Alternative wäre mit Sicherheit der Ausbau der Bahn- und die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene gewesen. Dadurch hätte man den Schwerlastverkehr auf der B10 deutlich verringern können. „Die Bahn könne die Straße nicht ersetzen“ so das Argument der Befürworter des Ausbaus. Es ist schon erschreckend mit welcher Rücksichtslosigkeit, gerade in Zeiten des Klimawandels, wertvolle ökologische Flächen für vermeintliche wirtschaftliche Interessen sinnlos zerstört werden. Rodungen von Waldgebieten, Versiegelung der Flächen und Verdichtung der Böden beschleunigen den Klimawandel.

 

Zerstörte Wälder speichern kein CO2 mehr und geben keinen Sauerstoff an die Atmosphäre ab. Wasser wird nicht mehr aufgenommen und im Kronenbereich verdunstet, so wird die Wolkenbildung und der Regenfall stark beeinträchtigt. Brachliegende Böden trocknen aus, werden knochenhart und können so kein Wasser mehr aufnehmen, sie sind als natürlicher Wasserspeicher verloren. Zusätzlich emittieren sie das in ihnen gespeicherte CO2. Außerdem wird das wertvolle Bodenleben, das Edaphon, zerstört. Diese Kleinstlebewesen sorgen für einen fruchtbaren, gesunden Boden und fördern somit das Pflanzenwachstum.

 

Mit welchem Recht zerstören wir Menschen das Leben vieler anderer Geschöpfe auf dieser Erde? Damit meine ich nicht „nur“ Vögel und Tiere sondern auch die Pflanzen. Wir beklagen das Artensterben aber tun nichts zum Erhalt dieser Lebewesen. Die Politik macht sich zur Marionette der Wirtschaft, diese bestimmt mit ihren gewinnorientierten Plänen das Handeln unserer heutigen Gesellschaft. Dafür wird die Lebensgrundlage vieler vernichtet.

 

Horst Schikora und Rudolf Ahrens-Botzong für die BBIWS Pfalz

 

 

NEIN zur Diskreditierung des einheimischen Buchenwaldes als "nicht klimawandeltauglich"

Die Bewirtschaftung der einheimischen Buchenwälder im sogenannten Schirmschlagverfahren verändert das buchenwaldtypische 'Waldinnenklima so sehr, dass der Wald wortwörtlich "heißgeschlagen" wird. Als Argument dafür wird vorgetragen, der Wald brauche "Licht zur Verjüngung". oder man "baue den Wald mit klimatauglichen Baumarten um". Diese Aussagen sind schlichtweg falsch. Buchenwald in natürlicher Form ist dicht und dunkel. Licht in diesen Wald zu bringen dient nur dem schnelleren Aufwachsen der Jungbäume, um sie schneller ernten zu können. Es gibt ausreichend Untersuchungen, dass die Buche im natürlichen Waldumfeld Anpassungsstrategien an den Klimawandel entwickelt.

 

Foto links:   20.6.2023 intakter Buchenwald mit Naturverjüngung im FFH Reliktwald Lampertheim

Foto rechts: 20.6.2023 Buchenwald nach forstlichem Einschlag im FFH Reliktwald Lampertheim

 

 

Warum fokussiert sich Hessen-Forst im Staatswald nicht vorbildlich auf Klima- , Wasser- und Waldartenschutz sowie Erholungsfunktionen? Stattdessen weiter so wie bisher?

 

Eine Waldklima-und Wasserschutzstrategie wäre angesichts letzter trockener, heißen Jahre dringend notwendig. Und hierzu wäre Schutz/Förderung unserer Buchenwälder der Schlüssel. Unsere Rotbuchen haben dank besonderer "Südhessen"-Gene in heißer, trockener Binnendünengegend anschaulich in letzten Jahren bewiesen, dass sie sogar hier gut wachsen können. Auch ohne Grundwasseranschluss. Aber nur dort, wo das Forstamt nicht auflichtet oder Buchen schädigt.

Man will hier seit Jahren "weg von Buchen", Waldumbau. Stattdessen möchte Hessen-Forst wohl weiterhin mit zu starken Waldauflichtungen und Pflanzungen von Lichtbaumarten wirtschaften.

 

Am 23.5.2023 informierte darüber der Landesbetrieb in einem Waldforum einige Vertreter aus den Bereichen Naturschutz, Sport, Holzverwendung, Tourismus und Jagd. Also Info über die mittelfristige Forstbetriebsplanung für den Staatswald des Forstamtes Lampertheim. Immerhin 7352 ha (!) in der Ebene und 1553 ha im Vorderen Odenwald. Zwecks Weichenstellung für die Entwicklung unseres Staatswaldes innerhalb der nächsten 10 Jahre.

 

In hierzu geschickten Dokumenten konnte man teils falsche sowie oben erwähnte Aussagen nachlesen. Forstliche Planungen, die wohl gravierend negative Auswirkungen auf Erhalt/Zukunft unserer letzten Buchenbestände haben werden. Die das Forstamt schon in letzten Jahren sukzessive per Buchenabbau (Brennholz) reduzierte. Vor allem auch in FFH und Natura 2000 Waldschutzgebieten.

 

Beispiel 1: Im Vorderen Odenwald

Hessen-Forst will dort in oft schädlich aufgelichteten Buchenwäldern zukünftig noch mehr Douglasien und Lärchen einbringen. Der schnellwachsende und viel Wasser benötigende Douglasien-Neophyt ist auch die Baumart mit dem höchsten Verdunstungsverlust von Niederschlägen. Solche Baumarten verschärfen Wassernotstände zu Klimawandelzeiten. Sinnvolle Strategie?

 

Beispiel 2: Im großen Staatswaldbereich der Ebene

Hier gibt's angeblich gar keinen Buchenwald mehr. Aha. Bin aber noch täglich drin.

Hessen-Forst hat unseren wertvollsten gesunden Buchenwald wohl schon "weggeplant". Hessen-Forst Dokument: "Buchen LRT gibt es im Teilbetrieb 1 nicht". Hat der Betrieb schon gedanklich restliche Buchenbestände in Endzeitstimmung holzverwertet? Gemäß FFH-Bewirtschaftungsplan 2016 werden hier seit Jahren mehr Buchen eingeschlagen als an Laubbäumen nachwachsen. Damit sind sicher nicht Robinien gemeint, die per Forsteinrichtung abenteuerlich den "Buchen" mit zugeordnet wurden. Folgerichtig im Dokument nachzulesen "Eine nachhaltige Forstwirtschaft findet nicht statt".

 

Natürlich gibt es hier Buchenwald LRT, vor allem im Viernheimer Wald. Unser großer FFH Reliktwald Lampertheim mit darin ausgewiesenem LRT9110 Hainsimsen-Buchenwald (mit Alteichen) zählt unter Entomologen/Käferexperten zu den Top-Waldgebieten Deutschlands. In der Rheinebene bestehen Reliktwälder aus Rotbuche, geringem Anteil Eichen und einigen Kiefern (nie Monokultur).

Es wurden hier mal mehr Käferarten wissenschaftlich nachgewiesen als im bekannten Nationalpark Kellerwald. Unter den hier 800 (!) Käferarten auch 13 Urwaldreliktarten, von denen die Hälfte an Buchen gefunden wurden. Diese meist vom Aussterben bedrohten Arten (Rote Liste1) kommen in normalen Wirtschaftswäldern gar nicht mehr vor, sind dort ausgestorben. Für immer!

 

Nach häufigen heißen Trockenjahren wäre ein gründlicher "Forsteinrichtungs-Update" unabdingbar. Um Baumarten-Entwicklungen nach letzter Forsteinrichtungs- "Prognose" zu überprüfen.

Aber geht Hessen-Forst vor seiner Waldinventur überhaupt in den Wald, um sich die Entwicklung der Baumarten mal vor Ort anzuschauen? NEIN. Ist nachzulesen, dass der Forsteinrichter von Hessen-Forst einfach dieselben Daten von der letzten Forsteinrichtung übernommen hat. "Charakterisierung der Waldbestände von letzter Forsteinrichtung übernommen". Der Landesbetrieb tätigt also wohl weiter Annahmen/Prognosen wie sich verschiedene Baumarten entwickeln, und pflanzt entspechend weiter Wunsch-Baumarten. Wohl ohne mal zu schauen, was die Natur aus ihren letzten Prognosen/Annahmen machte. Nämlich meist ganz anderes als holzmäßig geplant. Es wurde im Waldforum damit begründet, dass Vorort-Stichproben zu aufwändig und zu teuer wären, und sie können keine permanente Inventur leisten. Schwer nachvollziehbar angesichts der letzten trockenen heißen Sommerjahre.

 

Kein Wunder, dass dann noch äußerst fragwürdige Hessen-Forst Aussagen folgten wie: "Fichte und Buche wäre ganz schlecht"..."Niederschlag soll auf bestveranlagte Bäume verteilt werden (Durchforstung)"..."die Buche komme mit vorhandener Wassermenge nicht aus"...etc.

Hessen-Forst behauptete, dass Fichten UND Buchen hier überhaupt nichts werden können. Fichten klar, gehören hier auch nicht hin. Aber allein die Gleichstellungsaussage von Fichten und Buchen sind schon ein Hammer. Unsere anpassungsfähigen, trockenresistenten Rotbuchen sind bei uns nach wie vor immer noch die EINZIGEN heimischen Laubbäume, die sich natürlich erfolgreich verjüngen. Sogar oft noch in wahren Hitzelöchern.

Man konnte auch hier im trockenen Binnendünen-Wald das Gegenteil klar dokumentieren. Buche leidet aber dort, wo heiß geschlagen, aufgelichtet oder der Boden mit Maschinen bis zum Stamm verdichtet wurde. Rotbuche wächst hier sogar prima oben auf Binnendünen.

 

Hessen-Forst beschließt also einfach, dass Buchen keine Zukunft mehr hier haben sollen. Aufgrund Prognosen. Eichen und Kiefern wären trockenresistenter. Wer immer hier regelmäßig mit offenen Augen in den Wald geht, weiß, dass es genau umgekehrt ist.

Eindeutig hier dokumentiert, dass die Buchenwaldabteilungen mit geschlossenem Kronendach aufgrund ihres besonderen eigenen Waldinnenklimas die heißen trockenen Jahre bestens überstanden haben. Statt sie zu schützen und weiter zu fördern, haut das Forstamt aber ständig Löcher in deren Restbestände. Um noch mehr Eichen, Kiefern und invasive Neophyten wie Roteichen etc. zu pflanzen, oder aus angeblicher Verkehrssicherung.

 

Wann hören die Hessen-Forstmärchen im Sinne der Holzindustrie und deshalb bevorzugten Lichtbaumarten endlich auf?

Es ist stark zu befürchten, dass Hessen-Forst nun mit aktuell bereits "geleugneten" Buchenwäldern unsere allerletzten wertvollen klima- und wasserschutzrelevanten Buchenwälder in den nächsten Jahren restplündern wird. Dann gute Nacht für unsere Region, die dann um einiges noch wärmer werden wird.

 

Temperaturmessungen hier im Wald letztes Jahr an heißem Sommertag im Schatten:

 

Buchenwald 31°C (kühl, sehr angenehmer Aufenthalt)

Eichen-Monokulturen 35-36°C, (leicht stickig)

Kiefern-Monokulturen 36-41°C, (total stickig, unangenehm)

Eichenpflanzungsflächen 50°C (extrem heiß und stickig)

Zu breit aufgelichtete Waldwege über 52°C (Thermometer ging nur bis 52°C)

 

Schlußfolgerung wäre doch: Für Klima-und Wasserschutz MEHR naturnaher Buchen(misch)wald.

 

Sabine Hodges für BBIWS Südhessen